Give all the idiots a brand-new religion
Put an end to poverty, uncleanliness, and toil
Promote equality in all of my decisions
With a quick wink of the eye
And a ‚God, you must be joking’…
(Greg Graffin)
Liebe Lesers!
Wer hätte gedacht, daß es hier bei BOARDSTEIN.COM nach meinem sich echt gewaschen habenden Apokalypse-Blog tatsächlich nochmal weiter geht? Also ich hab` eigentlich nie daran gezweifelt, aber daß die Pause seit März dann sooo lange dauern würde, war definitiv nicht geplant, sondern hat sich einfach so ergeben. Tatsächlich hatte ich schon ein paar Tage nach dem Hochladen des siebenten, letzten Kapitels einen Text angefangen – einschließlich der BAUSTOP Late Zine Philosophy (was das ist, erfahrt ihr hier gleich später) – den ich dann direkt zwei Wochen nach dem Apokalypse-Blog posten wollte. Aber irgendwie hab` ich mich dann ausgebremst und wollte die ganze Apokalypse erst einmal wirken lassen. Und das war wohl auch ganz gut so, denn es scheint mir, sie hat so gar nicht gewirkt, außer bei mir. Also, wo fängt man nach einer so langen Blog-Pause wieder an? Vielleicht bei der Pause selbst, denn die war wie gesagt nicht geplant, aber scheinbar dringend nötig…
Erstmal für mich selbst, denn diejenigen wenigen, die sich dieses siebenkapitelige apokalyptische Epos tatsächlich von vorne bis hinten durchgelesen haben, dürften gut verstehen, daß ich danach rein arbeitstechnisch schon mal ein bißchen erschöpft und energetisch vor allem ausgelaugt war, was gepaart mit derart pessimistischen Zukunftsperspektiven vielleicht auch einem kleinen mentalen Burn-Outchen gleichkam. Dieser wurde dann ziemlich schnell ungemein dadurch verstärkt, daß ich weder hier auf diesem Blog noch in meinem persönlichen Freundes- und Bekanntenkreis irgendwelche Reaktionen auf mein scheinbar dann doch nicht so wegweisendes Pamphlet erhalten habe. Nicht daß ich großartig damit gerechnet hätte, aber mit rein gar nix an Reaktionen hab` ich ganz sicher auch nicht gerechnet, dafür empfinde ich die gesamte Thematik auch irgendwie zu gewichtig. Doch damit bin ich hierzulande scheinbar der einzige.
Das – also gerade auch mein (scheinbar komplett gleichgültiges) persönliches Umfeld – hat mir bewiesen, daß das alles wohl tatsächlich von kaum jemanden gelesen wurde und mein Blog ungefähr so wichtig ist wie das abendliche Sendeschlußbild von KIKA. Nicht daß ich diesem Blog jemals irgendeine Art von Wichtigkeit zugeordnet hätte, aber ja, scheinbar ist das Ganze wohl wirklich nur Perlen vor die Säue, in etwa so wie sich in den letzten Jahren meine gesamte beschissene Existenz anfühlt. Fakt ist, eigentlich könnte ich mir eine Fortsetzung dieses Blogs auch einfach sparen, nur leider bin ich seit meiner Pubertät auf LSD – Lesen, Schreiben, Denken – und dummerweise hat das Ganze seit jeher, so wie BOARDSTEIN damals auch, absolut therapeutischen Charakter für mich. Ich muß mir meine Scheiße im Kopf einfach regelmäßig von der Seele schreiben, sonst platzt der oder die nämlich (oder ich als Ganzes irgendwann) und deswegen werde ich trotz allem damit weitermachen und mich ganz egoistisch hier weiterhin von gedanklicher Gülle entledigen. Wenn sich das dann jemand durchliest, kann ich nur sagen: Selber Schuld, du Opfer! Und danke dafür! Ich wußte das echt schon immer sehr zu schätzen und gerade heutzutage, wo Menschen nun mal nicht mehr wirklich lesen tun, umso mehr.
In diesem Sinne ein solides Dankeschön mit Ehrenmedaille an Markus Jahn, der wahrlich Einzige, der sich erbarmt hat, einen Kommentar unter eines der Apokalypse-Kapitel zu schreiben, in dem es allerdings vornehmlich darum ging, daß ich in meinen Text Frank Schätzing gerne mal Ralf genannt habe, was mir komischerweise sogar heute noch ab und zu mal passiert, so versprechertechnisch. Es gibt ja Dinge oder Wörter, bei denen schalten die Synapsen im Hirn einfach nicht richtig und lernen es irgendwie auch nicht. Ebenso gibt es Wörter, die schreibe ich irgendwie immer falsch oder muß mindestens jedes Mal überlegen, wie sie geschrieben werden, das kennt ihr vielleicht auch von euch selbst (ach so, ihr schreibt inzwischen gar nix und nicht mehr, auch gut). Ach ja, und der verschollene Peter hat sich dann Mitte August auch noch kurz und bündig mit einem Kommentar unter Kapitel 7 aus der Versenkung gemeldet, in die er aber sogleich wieder abgetaucht ist (Was da los, Bro? Ich dachte, in dir einen Freund fürs Leben gefunden zu haben, damals in Namibia). Ja, also insgesamt irgendwie schon ein ganz schönes Armutszeugnis für einen Blog und seine LeserInnenschaft, sieben ausführliche Kapitel, in denen es um das bevorstehende Ende unserer Zivilisation geht, und lediglich zwei Leute erbarmen sich einer Stellungnahme dazu. Wie in den `70ern dieser Spruch ‚Stell` dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin’…
Vielleicht kann ich in Apokalypse-Blog`scher Tradition an dieser Stelle ja noch einen musikalischen Anspieltip vorschlagen. Die Qual der Wahl fällt dann diesmal auf meine Lieblingsband Bad Religion, und zwar nicht nur weil wir uns mit deren Sänger Greg Graffin weiter unten noch näher beschäftigen werden, sondern vor allem weil seine Texte uns einen perfekten Spiegel vorhalten, in dem dann zu sehen ist, daß wir Menschen vielleicht doch nicht die Krone der Schöpfung sind, wie ein nicht existierender Gott uns immer wieder denken lassen will. Ich komme vor allem drauf, weil ich, gerade als ich Mitte November angefangen hatte, an diesen apokalyptischen Nachwehen zu schreiben, unbewußt daran erinnert wurde, wie sehr mich diese Band und ihre Texte in jungen Jahren beeinflußt und geprägt haben. Und zwar waren wir nach einer durchfeierten Nacht in Flensburg in den frühen Morgenstunden zu fünft zur Afterparty in der Küche meiner Lieblings-WG B75 gelandet und meine liebe Freundin Sarah, die auf der kurzen Taxifahrt dorthin auf der Rückbank quer auf unseren Beinen gelegen hatte, machte dann zur musikalischen Beschallung ausnahmsweise mal nicht Elektropunk an, sondern ein paar Lieder von dem ‚No Control‘ Album von Bad Religion. Und ich kam in meinem berauschten Zustand nicht drumherum, diese lautstark mitzusingen, was zur allgemeinen Verwunderung bei den restlichen Beteiligten sorgte, denn wer kann schon voller Inbrunst ganze Bad Religion Songs mitsingen? Bei den komplizierten Texten…
Nun spielte Sarah ausgerechnet die vier Lieder, bei denen ich ziemlich textsicher bin, nämlich ‚No control‘, ‚I want to conquer the world‘, ‚Henchman‘ und ‚You‘ und jeder einzelne Text davon (oder von Bad Religion generell) paßt hervorragend in mein Gesamtkonzept Apokalypse-Blog, weswegen ich euch diese hiermit gerne nochmal ans Herz legen möchte, zum Hören wie auch zum Lesen. Aber ihr werdet zum besseren Verständnis vermutlich ein Dictionary benötigen, so wie ich damals, als ich mich Platte für Platte auf ewig in Bad Religion reinverliebt habe. Zum Glück hatte Sarah nicht meine Lieblingsscheibe ‚Against The Grain‘ angemacht, die kann ich nämlich mehr oder weniger komplett von vorne bis hinten mitsingen…
Aber zurück zum Wesentlichen, ich hatte dann im Sommer letzten Jahres zwischenzeitig tatsächlich halbwegs vergessen, daß ich überhaupt sowas wie einen Blog habe, und das hat sich jetzt auch nicht sooo schlecht angefühlt. Aber ich wäre nicht Arne Fiehl vom BOARDSTEIN, wenn ich mich so sang- und klanglos aus diesem Medium verabschieden würde, das war wie gesagt eigentlich auch nie mein Plan. Dieser bestand viel mehr von Anfang an daraus, daß ich hier – beim ersten Blog-Eintrag nach der Apokalypse – etwas Wichtiges aufgreifen wollte, was ich damals in der Einleitung recht deutlich hervorgehoben und betont hatte, nämlich daß ich immer versuche, meine Texte so zu verfassen, daß ich auch noch Jahre und Jahrzehnte später dahinter stehen und sie so stehen lassen kann (das ist wie schon mal erläutert der wesentliche Grund dafür, daß sie immer so lang und ausführlich sind). Und genau das will ich heute hier einmal mehr mit einem alten Text von mir unter Beweis stellen, allerdings konnte ich mir das vor ein paar Wochen bereits phänomenal selbst beweisen, als ich nach über einem halben Jahr meinen eigenen Apokalypse-Blog nochmal von vorne bis hinten durchgelesen habe. Denn danach konnte ich mir echt auf die Schulter klopfen und mir ebenso denken und danken ‚Verdammt gute Arbeit, Alter!‘, wenn auch alles für die Katz. Genauso wie diese Nachwehen jetzt, denn ich bin mir ziemlich sicher, die meisten von euch haben sich nach eventueller Freude, daß es auf meinem Blog dann doch irgendwie weiterzugehen scheint, hier jetzt schon wieder ausgeklinkt, oder!?
Natürlich gab es dann beim Lesen hier und da irgendwelche Kleinigkeiten zu korrigieren, vor allem bei den Bildunterschriften,die ich im Gegensatz zum eigentlichen Text meist erst geschrieben habe, wenn ich die Bilder in den Blog eingebaut habe. Aber ich habe pro Kapitel wirklich nur minimal am Text gefummelt, meistens waren es Tip- oder Rechtschreibfehler (Ralf ist jetzt an allen Stellen wieder Frank) oder ich habe ein Wort ausgewechselt, weggelassen oder hinzugefügt. Doch inhaltlich konnte und kann ich das wirklich alles eins zu eins so für die/meine Ewigkeit stehen lassen. Alles andere wäre irgendwie auch schlimm, wenn man sowas schon „zu Papier bringt“. Lediglich an einer Stelle in der Einleitung hatte ich einen ganzen Absatz zu ergänzen, der mir scheinbar damals beim Tippen so einfach nicht in den Kopf gekommen war, aus welchen Gründen auch immer. Jedenfalls ist das an der Stelle, wo ich zu erklären versuche, daß – zumindest meiner Erkenntnis nach – unser (Zusammen-)Leben hier auf dieser Erde hauptsächlich aus Energien besteht, die alles miteinander verbinden und zu einem Ganzen machen. Und weil diese Behauptung/Tatsache nun mal ziemlich essenziell ist, würde ich dazu gerne jetzt hier noch ein faszinierendes Beispiel nachreichen, welches jede(r) ganz einfach selbst ausprobieren kann.
Alles, was ihr dazu braucht, ist eine größere Menschenmenge, Konzerte eignen sich z.B. ganz hervorragend dafür, weil da alle in eine Richtung gucken, aber eine überfüllte U- oder S-Bahn u.Ä. geht auch. Und zwar müßt ihr euch in einer Menschenmenge einfach jemanden ausgucken, der mit dem Rücken zu euch steht, und diese Person dann mit beiden Augen fixieren und von hinten anstarren. Und ich sage euch, früher oder später wird sich dieser Mensch umdrehen, vielleicht nicht direkt zu euch, aber auf jeden Fall in eure Richtung, von wo eben diese Energien kommen. Das funktioniert mit mehreren Leuten gleichzeitig natürlich noch besser, je mehr Leute starren, desto schneller wird sich die Person umdrehen. Also ich habe das oft genug ausprobiert, glaubt mir, das hat bisher jedes Mal funktioniert. Und wenn das nichts mit Energien zu tun hat, dann weiß ich auch nicht…
Und da ich mein Pamphlet hier ja gerne mit „Meldungen“ aus dem aktuellen Tagesgeschehen untermale, hier dazu noch eine Notiz, die ich mir während der Arbeit an meinen Apokalypse-Nachwehen gemacht habe. So hatte ich nämlich vor Kurzem bei meinem geliebten Nine Club mal wieder Pipi inne Augen, das passiert tatsächlich öfter mal, weil Skateboarding ist nun mal No.1 und es ist gut zu wissen, das andere das auch so sehen, vor allem wenn sie wissen, wovon sie reden. Jedenfalls gab`s letztens erst in Folge #351 einen der interessantesten und individuellsten Pros unserer Zeit als Gast, den ich schon immer super fand (nicht umsonst hängt eins seiner Boards hier an meinem Schreibtisch) und nach den zweieinhalb Stunden Interview nochmal mehr ins Herz geschlossen hab`, nämlich Erick Winkowski. Die Stelle fängt ungefähr bei 2.09.40 an, als er als einer, dem psychedelische Bewußtseinserweiterung nicht fremd ist, von einem seiner Campingtrips in der tiefsten Wildnis erzählt. Props an dieser Stelle auch an Jeron Wilson, das stille Gewissen des Nine Clubs, für seinen aufgeklärten Einwurf in der Mitte. Es geht hier wie gesagt um Erscheinungen/Begegnungen, die Erick des Nachts in tiefster Wildnis hatte…
Erick: „I know spirits are real. I don`t know what spirits are or what ghosts are or if it`s a real thing with the conscious mind. But I know, that there is energy that messes with you in certain places and some of it is friendly and some of it is darker…“
Jeron: „And some people are more receptive for that, and, I think, you`re more like… It`s almost as if you`re allowing it as a free spirit. If you wanna fuck with me fuck with me, you know what I mean?“
Erick: „Yeah, and for some people who don`t believe in it, it`s almost like Tinkerbell. You don`t believe in it and it`s not real. And if you believe in it, it could be very real. There`s energy out there, it`s all around. You just gotta pay attention…“
Danke, Erick, genau mein Reden! Du hast die Thematik ziemlich gut auf den Punkt gebracht und ich kann nur bestätigen, daß die Natur noch eine Menge Dinge für uns bereit hält, die wir (noch) nicht verstehen und vielleicht auch niemals verstehen werden. Wir haben es schon weit gebracht, keine Frage, aber was ist denn weit in unserem Universum? Jedenfalls haben wir kein Recht, auf diesem Planeten zu leben, wenn wir uns benehmen, als wären wir die einzigen, ganz einfache Sache. Und nichts anderes tun wir, vor allem weil wir uns in unserer eigenen Evolution überholt und mehrere Prozesse in Gang gebracht haben, die wir nicht mehr steuern und kontrollieren können, die uns aber unser Leben in naher Zukunft verdammt schwer bis unmöglich machen werden. Und ich rede hier von Leben in dem Sinne, wie Erick es gerade gemacht hat, ein Leben mit den uns gegebenen Energien, und nicht gegen sie. Und genau das fängt mit Dingen an, die uns hier her gebracht haben, weil wir sie uns Jahrtausende lang angeeignet haben, die wir als Einzelpersonen und gesamte Menschheit aber gerade am Verlernen und Verlieren dran sind…
Ja, in der Tat, ich habe zumindest meiner Meinung nach in meinem Apokalypse-Blog wirklich halbwegs das ganze Dilemma, in dem unsere Menschheit steckt, anschaulich und irgendwie auch unanfechtbar dargestellt, und die vergangene Zeit seitdem hat lediglich bewiesen, daß sich unsere Lage und die Welt, in der wir leben, in vielen Punkten nur noch drastisch verschlimmert hat (siehe aktuelles Tagesgeschehen). Alles andere wäre bei exponentiellem Wachstum aber auch wirklich ein Wunder, oder!? Und an Wunder glaube ich nicht, sondern nur an die bittere Wahrheit, die ich jeden Tag sehen, hören und spüren kann, und was soll da schon besser geworden sein? Und wie vor allem? So dachte ich da beim nochmaligen Lesen dann auch an manchen Stellen in meinem Text, das hätte ich ja eigentlich auch noch(!) deutlicher schreiben können/müssen. Aber das hätte nun auch echt keinen Unterschied mehr gemacht, woll!? Denn – auch auf die Gefahr hin, daß ich hiermit mal wieder unheilbar arrogant und abgehoben klingen mag – ich bin mir ziemlich sicher, der Hauptgrund, warum ich so wenig Feedback auf mein Pamphlet bekommen habe, ist außer der Tatsache, daß sich das wohl kaum Menschen angetan haben zu lesen, vor allem die andere Tatsache, daß ich mit dem Inhalt ziemlich viel Recht hatte und habe, nicht zuletzt da ich meine Meinungen und Behauptungen ja mit unzähligen zitierten Textpassagen aus renommierten Büchern einigermaßen gut wissenschaftlich unterstreichen konnte. Ich glaube, da hat der ein oder die andere das Ganze vielleicht einfach stillschweigend zur Kenntnis genommen und macht trotzdem weiter, als wenn nichts ist, weil ändern können wir eh nix und alle anderen Menschen tun das ja auch nicht, im Verdrängen sind wir nun mal die Allergrößten. Akzeptieren wir also den nahenden Weltuntergang einfach auch als traurige Tatsache und vegetieren wir bis dahin weiter so ignorant und selbstgefällig vor uns hin wie bisher. Zum Glück hab` ich ja keine störenden Gören am Hals, die mir das Leben noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist. (Arne, vergiß doch bitte nicht die viele Freude, die einem Kinder auch bringen können!)
So gab es im letzten halben Jahr auch schon wieder zweimal die Situation, daß mir von guten Freunden (in beiden Fällen natürlich in den in meinem Blog von mir mokierten Enddreißigern) freudig verkündet wurde, daß Nachwuchs im Anmarsch ist, yippie yeah! Tja, und wenn man sich dann nicht automatisch mitfreut, sondern nur resignierend und seufzend in sich zusammensackt, ist den lieben Freunden gegenüber erstmal massiv Erklärungsbedarf samt ehrlicher Entschuldigung angesagt, denn ich mag meine Freunde und möchte denen eigentlich nicht wehtun. Doch ich befürchte, ich werde auf diese Weise in nächster Zukunft noch mehr Freunden wehtun und sie als solche verlieren, ganz unabhängig von meinem Apokalypse-Blog und meinen Ansichten. Denn die Vergangenheit hat gezeigt und bewiesen – zumindest meine und mir – daß mensch Freunde, die Nachwuchs bekommen, sowieso erstmal für ein paar lange Jahre verliert, um nicht zu sagen „abhaken kann“. Weil die müssen sich ja dann erstmal um das Kind/die Kinder kümmern und vergessen ihr vorheriges Leben in der Regel dabei oder krempeln es eben komplett um. Und später, wenn die Blagen dann alt genug sind, daß mensch sie auch mal ein Wochenende alleine zu Hause lassen könnte, hat mensch sich dann spätestens meist soweit auseinandergelebt, daß von der Freundschaft nur noch schöne Erinnerungen und im Idealfall ein paar Photos übriggeblieben sind. Ja, sorry, wenn ich jetzt mal wieder super verbittert klinge, aber ich gebe hier lediglich meine bisherigen Erfahrungswerte weiter und die haben sich mit Sicherheit nicht nur durch mich so ergeben. So wünsche ich euch allen von Herzen viel Glück und nur das Beste, vor allem auch euren Kindern, die die ganze Scheiße jetzt noch vor sich haben, und zwar unter extrem erschwerten Bedingungen. Nämlich solche, die ein menschliches Leben zukünftig unmöglich machen, zumindest wenn mensch ‚Mensch‘ so definiert wie ich, und bis auf Weiteres ebenso ‚Leben‘.
Wenn mir jetzt bitte noch jemand erklären könnte, wie es sein kann, daß ein vorbestrafter und ganz offensichtlich menschenfeindlicher Soziopath, der öffentlich nur wirre Scheiße labert, zum zweiten Mal zum mächtigsten Menschen der Welt gewählt wurde!? Oder Oligarchen weltweit die Macht an sich gerissen haben? Oder Länder wie Rußland oder Israel vor den Augen der Weltöffentlichkeit einen Genozid veranstalten!? Oder – um mal in der Heimat zu bleiben – eine scheinbar aufgeklärte Bevölkerung, die noch vor einem Jahr absolut bewiesen hat, daß sie gegen Nazis auf die Straße gehen kann, dies nicht mehr tut, obwohl es gerade jetzt richtig ernst wird!? Und das sind nur ein paar von unzähligen Problemen weltweit und allein diese bitteren und unfaßbaren Tatsachen sollten doch Beweis genug sein, daß unsere Zivilisation komplett aus dem Ruder gelaufen, vollkommen hinüber und nicht mehr zu retten ist. Wo soll denn diese Rettung vor uns selber, die wir schon vor Jahrzehnten gebraucht hätten, noch herkommen, und wie soll die genau aussehen?
Ich mein`, einfach nur um mich hier vom Stil her ein bißchen an meinen Apokalypse-Blog anzupassen – es sind ja immerhin dessen Nachwehen – dazu mal ein Zeitungsausschnitt aus unserem stets beliebten Flensburger Tageblatt vom 14. November. Der zeigt Schwarz auf Weiß – so daß es eigentlich mal wieder selbst die Allerdümmsten verstehen sollten – daß das mit der Verminderung unserer weltweiten CO2-Emissionen nicht so richtig hinzuhauen scheint (wie auch bei einer stetig schnell wachsenden Weltbevölkerung?). Und das alles obwohl uns bereits seit Jahrzehnten von allen wissenschaftlichen Seiten gepredigt wird, daß genau das das Wichtigste ist, was wir in den Griff kriegen müssen, wenn wir denn Mitte dieses Jahrhunderts noch ein menschenfreundliches Klima und vor allem genug Landmasse zum Leben haben wollen, für bis dahin gut zehn Milliarden Menschen. Da kann ich wirklich nur mal wieder sagen, zum Glück habe ich den Großteil meines Lebens schon hinter mir, denn wenn ich heute jung wäre, würde ich Amok laufen und versuchen, so viele Menschen wie möglich mit in den Tod zu reißen, wir Menschen sind nämlich einfach nur die Pest.
Kommen wir damit dann vielleicht mal zu dem schon oben von mir angesprochenen Text, den ich bereits beim Tippen meines Apokalypse-Blogs im Kopf hatte für sowas Ähnliches wie ‚Nachwehen‘, gerade weil ich ja in der Einleitung geschrieben hatte, wie gut es sich anfühlt, wenn ich Texte, die ich irgendwann mal geschrieben habe, auch heute noch so schreiben würde bzw. so stehen lassen kann. Ein super Beispiel dafür ist (außer meinem Apokalypse-Blog selbst) die Late Zine Philosophy aus unserem BAUSTOP, das war – für alle, die es nicht mitbekommen haben – so eine Art BOARDSTEIN Sonderausgabe im A5-Format, in der es um die ersten sechs Jahre meiner Betonskateparkbauerkarriere ging. Das Ganze ist vor zehn Jahren mit einer Auflage von 850 Stück erschienen (natürlich schon lange vergriffen und die letzten Exemplare verkaufe ich nur gegen Höchstgebot) und ohne Zweifel der geilste Scheiß, den ich jemals auf Papier veröffentlicht habe. Aufgebaut wie eine damalige BOARDSTEIN Ausgabe, nur eben noch stumpfer und ausschließlich rund um das Thema Beton und Baustelle.
Darin gibt es eben auch eine Late Zine Philosophy am Ende und genau die würde ich euch heute gerne noch vorstellen, denn ich mußte auch während meines Apokalypse-Blogs immer wieder daran denken, daß ich als Vollblut-Hippie unserem Planeten in den letzten 16 Jahren nun auch nicht unbedingt Gutes getan habe mit den inzwischen ca. 120 Skateparks, bei denen ich mitgebaut habe. Denn (wie in den meisten Fällen) neue Flächen mit Beton zu versiegeln, ist genau das, was unser Planet so rein gar nicht braucht, das hat der gute Markus, der den einzigen Kommentar zu meinem Blog geschrieben hatte, ganz richtig auch noch in einer persönlichen Mail direkt an mich angemerkt. Also ja, Alter, das ist mir natürlich völlig klar und dessen bin ich mir voll bewußt, diesbezüglich tut mein Job diesem Planeten wahrlich nicht gut. Aber vielleicht würde ihm etwas mehr Skateboarding gut tun, unserer Gesellschaft und Zivilisation auf jeden Fall, denn Skateboarding = No.1, da gibbet gar keine zwei Meinungen. Lest also jetzt selbst (noch- oder zum allerersten Mal), was ich vor ziemlich genau zehn Jahren und ganze sechs Jahre nach dem Ende von BOARDSTEIN zu der Thematik und zu meiner neuen Berufung zu sagen hatte. Und Achtung, ich war damals fern von nüchtern, als ich das geschrieben habe…
DAS WORT ZUM FEIERABEND
Ahoi und so!
Also wer sich jetzt durch BAUSTOP gekämpft hat, erwartet wahrscheinlich auch eine BOARDSTEIN-mäßige Late Zine Philosophy (zumindest wenn mensch weiß, was BOARDSTEIN ist). Sollt ihr haben! Denn wie ihr euch eventuell vorstellen könnt, bin ich durch sämtlich erdenkbare Emotionen gegangen, während ich dieses kleine Familienfanmagazin verwirklicht habe. Es war wirklich alles dabei, von meistens durchdringender Euphorie (sonst würde ich mir diesen ganzen Scheiß gar nicht erst antun) über Selbstzweifel und Frust bis hin zu resignierender Gleichgültigkeit. Ich fang` jetzt auch nicht mit der sich ständig wiederholenden und zugleich inzwischen vollkommen überflüssig erscheinenden Diskussion über ‚Printmedien vs. Internet‘ an. Das lohnt sich nicht, 1000 mal erzählt, 1000 mal nicht gelesen…
Ich kann nur aus persönlicher Erfahrung sprechen, ähh, schreiben, und meine am eigenen Leibe erlebte Lebenserfahrung nach neun Jahren Magazinmachen (ja, BOARDSTEIN überlebte seinerzeit tatsächlich derartig lang) ist, daß ich Magazine immer noch liebe. Ich liebe es, ein Heft in der Hand zu haben und darin etwas in Wort und Bild zu lesen und sehen, was mich interessiert. Und selbst wenn es nichts mit Skateboarding zu tun hat, so freue ich mich doch immer noch über bedrucktes Papier und z.B. selbst in der verschissenen Deutschen Bahn deren Hausmagazin zu lesen, weil ich mal zufällig nichts Besseres in der Hand habe.
Magazine machen ist geil, das macht Spaß, vor allem wenn man schon weiß, bevor das Magazin überhaupt gedruckt wird, daß, sollte es dann tatsächlich irgendwann mal gedruckt sein, Menschen ihren Spaß damit haben werden. Im Endeffekt geht es nur um Unterhaltung. Ich schreibe auch grundsätzlich nur Sachen auf – und veröffentliche sie danach eventuell sogar – um Leute entweder zum Schmunzeln oder wenigstens zum Nachdenken zu bewegen. Wobei Schmunzeln immer besser ist, weil das ist Nachdenken mit Effekt! In diesem Sinne hoffe ich schon mal sehr, Sie haben sich mit BAUSTOP wenigstens ein bißchen amüsiert. Glaubt mir, gerade weil Bau nicht schlau macht, ich hatte eine Menge Spaß, dieses ganze Ding zusammenzustellen und zum Leben zu erwecken, aber bin hinterher natürlich auch nur genauso so schlau wie vorher, also gar nicht.
Und ich hatte eben nicht nur Spaß, denn es gehört auch eine Menge Streß und selbstauferlegte Selbstdisziplin dazu, so etwas wie BAUSTOP entstehen und Wirklichkeit werden zu lassen. Vor allem so nebenbei, weil mit im Sommer sich den Arsch abarbeiten und im Winter dafür reisen, bis der Arzt kommt, ist man an sich schon ganz gut ausgelastet. Aber man scheint nebenbei eben auch Künstler zu sein, sonst würde man nicht noch nach Feierabend so eine Scheiße fabrizieren, die einem finanziell so rein gar nichts bringt, außer Minus…
Ey, neun Jahre BOARDSTEIN waren eine geile Zeit. Es ist ein Wunder, daß wir mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln überhaupt so lange durchgehalten haben. 47 Ausgaben lang, mehr oder mehr minder regelmäßig, mehr Improvisation geht bzw. ging nicht. Wenn ich eines in dieser Zeit gelernt habe, dann daß der Mensch noch dazu lernen kann, ganz egal, was er glaubt, schon alles durchgemacht zu haben. Da versuche ich mich übrigens immer noch dran. Aber doch bin ich so froh, daß das alles mit BOARDSTEIN vorbei ist, denn ich bin dabei selbst fast zu Grunde gegangen, auch wenn es ein paar Jahre brauchte, um das zu realisieren. Im Endeffekt war es mein Traumberuf, aber vor allem das ganze Finanzielle macht einen fertig, dieses meistens oberflächliche Nettsein, weil man Leute/Firmen für zu schaltende Anzeigen um Geld anpumpen muß. Leute, die oftmals nur früher, aber nicht selten auch noch nie Skateboard gefahren sind, dafür aber etwas vom Business verstehen, ey, das schlaucht, das glaubt ihr gar nicht. (Ich danke an dieser Stelle somit nochmal allen Anzeigenkunden in dieser quasi BOARDSTEIN Sonderausgabe ganz besonders herzlich, weil ihr coole unkomplizierte Dudes und Dudinnen seid, die wissen, worauf es ankommt, yeah!).
Alter, im Nachhinein betrachtet, unglaublich, was ich/wir mit BOARDSTEIN alles durchgemacht haben, denn meinen Partner-in-crime Klaas, darf man nicht vergessen, der hat genauso wie ich die Hölle durchgemacht, nur daß er ein dickeres Fell hat. Und nicht zu vergessen auch die ganzen ehrenamtlichen Familienmitglieder, die dafür gesorgt haben, daß wir BOARDSTEIN überhaupt ordentlich mit Inhalt füllen konnten. Photographen, Graphiker, Schreiberlinge, die alle niemals auch nur einen Cent für ihre Arbeit gesehen haben, genauso wenig wie ich oder Klaas (großes Danke da auch hier nochmal besonders an alle, die ehrenamtlich zum Entstehen dieses Produktes hier beigetragen haben!).
Ja, krass, das ist inzwischen alles schon lange her, aber dann irgendwie auch doch nicht. Denn wenn wir, wie Ende 2013 geschehen, nochmal eine Fuhre BOARDSTEIN Kapuzenpullis produzieren müssen, weil die Nachfrage so groß ist – ich lasse es mir hier gerne auf der Zunge zergehen, es gab unser Magazin zu diesem Zeitpunkt bereits seit über fünf Jahren nicht mehr! – dann denke ich, BOARDSTEIN war nicht nur das beste Skateboardmagazin, das Deutschland je hervorgebracht hat, sondern vor allem auch eine Lebenseinstellung. Und irgendwie keine schlechte, denn ich lerne immer noch unter den skurrilsten aber liebenswürdigsten Situationen super nette Menschen kennen, die Teil dieses Phänomens sind und mit denen man sich im Laufe eines ereignisreichen Lebens immer wieder mal zusammenzischelt, einfach Familie eben.
Wie auch immer, worauf ich hinauswollte, denn es geht hier ja nicht ums Magazinmachen oder Selber-voll-Abhypen, obwohl ich das bekanntlich am besten kann, sondern um Skateparks bauen: So sehr ich BOARDSTEIN liebe und so sehr Magazinmachen meine Leidenschaft und vielleicht sogar Berufung ist, ich liebe meinen derzeitigen Job auch, und irgendwie war es schon immer ein bißchen mein Job, Skateparks zu bauen. Zumindest hab` ich früh bei mir auf dem Land gelernt, daß wenn man nichts zum Skaten hat, sich gefälligst selber was zum Skaten bauen und/oder sich für derartige Projekte einsetzen muß. Und ziemlich genau zwei Monate, nachdem ich aus unserem Dortmunder Keller ausgezogen und BOARDSTEIN zu den Akten gelegt worden war, stand ich dann zum ersten Mal an der Front, beim Bau des Fruchtallee Bowls im Hamburger Stadtteil Eimsbüttel. Nebenbei war ich maßgeblich daran beteiligt gewesen, das Deep-End am Flora Bowl im Schanzenviertel für die Betonspritze vorzubereiten, ich war nicht nur ein geiler Macker, ich wußte zu diesem Zeitpunkt nach dem Magazinmachen auch ganz genau, was ich wollte, nämlich Skateparks aus Beton bauen. Ich habe, seitdem ich skaten kann, meine eigenen Rampen gebaut, aber immer nur halbwegs dilettantisch aus Holz. Ab jetzt ging es um Beton, dem absolut besten Material zum Bau von Skateparkanlagen jeglicher Art.
Seitdem bin ich dabei und habe verdammt mehr als reichlich betoniert. Ich will nicht rumprollen – mach` ich ja nie, außer jetzt mal wieder – aber bis dato habe ich seitdem bei ziemlich genau 40 Skateparks in sechs Ländern mitgewirkt und maßgeblich mitgearbeitet und kann wohl behaupten, und das aus rein subjektiv objektiver Sicht, daß es in Europa wenige Menschen geben dürfte, die mehr Skateparkbetonfläche glattgerieben haben als der Baum und ich. Ich lasse das jetzt einfach mal so als Behauptung im Raum stehen, aber ich weiß, alle Eingeweihten – und das sind nun mal nicht allzu viele, denn das Business ist tatsächlich noch relativ jung in Europa und wir gehören inzwischen zu den Veteranen – werden das nach längerem Überlegen eventuell bestätigen können. Baum und ich sind meistens die letzten an der Fläche, und das Krasse ist, wir machen sowas auch gerne mal in unserer Freizeit…
Aber ich will hier nicht mit Superlativen auftrumpfen, ich kann nur sagen, ich bin inzwischen so was von involviert und gerade deswegen verdammt dankbar für diesen Job, der ganz ganz sicher nichts für jedermann ist, und für Frauen schon mal gar nicht, auch nicht daheim (diese Aussage hat sich so auf jeden Fall nicht bewahrheitet, denn inzwischen gibt es tatsächlich ein paar Blutsschwestern in unserer Branche – Anm.d.Verf.). In diesem meinem Lebensabschnitt bin ich einfach glücklich, daß ich die meiste Zeit des Jahres unter freiem Himmel verbringen kann, und nicht wie früher vor einem Computerbildschirm. Und endlich mal halbwegs anständiges Geld verdienen und nicht unter der Armutsgrenze leben, wie offiziell zu BOARDSTEIN Zeiten, hat auch was für sich. Und das Beste, ich arbeite mit meinen verdammt fuckin` Freunden zusammen, wer kann das bitte schon von sich behaupten!? Und durch diesen Job lerne ich zusätzlich noch ständig (und es werden immer mehr) Gleichgesinnte kennen, ganz abgesehen von den Locals, die nun mal da sind, wenn man irgendwo einen Skatepark baut. Locals sind überall! So hat dieser Job auf jeden Fall mehr Praxis als Theorie, denn Spots zum Skaten gibt es natürlich auch überall, und durch diese Arbeit komme ich an Orte, die ich sonst niemals aufsuchen würde. Somit bin ich mindestens genauso Skateboarding wie damals zu BOARDSTEIN Zeiten, wenn nicht sogar noch mehr. ‚Design, build and skate‘ ist für mich mehr als nur Inspiration und ein Schlachtruf, sondern meine ganz persönliche Formel zum allgemeinen Weltfrieden! Warum skaten wir nicht einfach alle!!??
Im Ernst, ich als umweltbewußter und gesellschaftskritischer Hippiepunk müßte normalerweise schwer was dagegen haben, unschuldige Gras- und Wiesenflächen – manchmal bis meistens müssen sogar eine Menge Büsche und sogar Bäume dran glauben – überzubetonieren, nur damit ein paar vorstädtlerische Westliche-Welt-Kids mit ihren Scootern und Boards jeglicher Art Spaß darauf haben können. Karl der Käfer wurde nicht gefragt, man hat ihn einfach fortgejagt… Ich bin Hippie durch und durch, ich merke das gerade heutzutage immer wieder in jeglichen erdenklichen Lebenssituationen. Klar bin ich politisch Punk (das waren Hippies allerdings eigentlich eh schon immer) und in erster Linie vor allem Skateboarder, und da geht es bekanntlich in alle überhaupt erdenklichen Richtungen. Ich will mich jetzt selbst auch nicht in Schubladen stecken, aber ich erinnere mich an alte BOARDSTEIN Aufkleber – die mit den Sprüchen da drunter – wo halt stand: BOARDSTEIN – Punkrockhippieskatescum. Daran hat sich, jedenfalls bei mir, nichts geändert, außer daß sich mein Musikgeschmack stetig erweitert und man vielleicht einfach auch nur altersbedingt in mancherlei Dingen ruhiger und umsichtiger wird.
Aber ich liebe es nach wie vor und mehr denn jemals, nach getaner Arbeit barfuß durchs Gras zu gehen, auf der Arbeit mit freiem Oberkörper zu arbeiten, auf der Baustelle zu zelten oder mit meinem Wohnwagen abzuhängen und einfach nur den ganzen Tag frische Luft zu atmen. Klar, das Wetter ist nicht immer gut, aber was nicht tötet, härtet ab, und gerade bei schlechtem Wetter weißt du ganz schnell, wer deine Freunde sind und auf wen du dich verlassen kannst. Und ich will mich nicht wiederholen, aber ich arbeite eigentlich ausschließlich mit Freunden zusammen, und in der Regel kann ich mich auf die Brüder auch verlassen. Ohne Scheiß, wir haben z.B während der Jahrhundertflut 2013 mit Minus-Ramps in Leipzig in drei Wochen den Bowl am Conne Island betoniert. Ich weiß es nicht, aber ich dachte manchmal, als ich Matt an der Betonpumpe stehen sah, wie er sein Bestes gab, so daß wir an den mit Planen überdachten Betonflächen unser Bestes geben konnten, an Jürgen Prochnow als Kaleu in ‚Das Boot‘ und die Szene, wo er sagt: „Gute Leute muß man eben haben, gute Leute…“…
Ehrlich, ich war noch nie im Krieg, und ich hoffe wirklich sehr, ich muß es niemals erleben. Aber Betonskateparks bauen ist manchmal wenigstens ein bißchen wie Krieg, so beschissen machohaft das auch klingen mag für alle, die tatsächlich mal Krieg erlitten haben. Aber auf jeden Fall haben wir Skateparkbetonbauer (zumindest einige von uns) alle schon körperlich extrem hart gelitten und psychisch-mentale Schäden davongetragen. Und, nein, ich übertreibe nicht, zumindest nicht aus Sicht der Leute, die das seit Jahren professionell beruflich machen und in irgendeiner Weise auch abhängig davon sind. Ich kann ja sonst nichts, mit Bücher schreiben kann man kein Geld verdienen, zumindest nicht, wenn man so gute Bücher schreiben will wie ich. Und mit Skaten an sich konnte ich auch noch nie Geld verdienen, weil ich auch dafür zu gut bin und nie war. Deswegen bin ich, zumindest derzeit, im doch eher stumpfen Gewerbe des Betonskateparkbaus tätig, und ich sage immer wieder, es ist keine Raketenphysik, aber eine Menge Leidenschaft. Ohne Leidenschaft werden das nämlich einfach keine guten Skateparks. Und Leidenschaft ist für einen suchtkranken Menschen wie mich eine Bürde, mit der man lernen muß zu leben.
Scheiße, ich schreibe mich gerade fest, aber es ist so schön, mal wieder eine Deadline im Nacken zu haben, vor allem weil ich sie mir selbst gemacht habe. Und ich sitze hier in meiner derzeitigen Noch-Basis in Hamburg auf Sankt Pauli in meinen 13 Quadratmetern (wäre recht schnell betoniert) mit meinem Blutsbruder Comacobra David Marlo Conrads neben mir auf der Couch, der die Platten für uns umdreht. Ich schreibe, er dreht durch… Das Leben war sehr verrückt, ereignis- und aufschlußreich die letzten sechs Jahre, beileibe nicht nur positiv. Nein, ich bin dann doch auch aus persönlich zwischenmenschlichgeschlechtlichen Gründen durch die Hölle gegangen, tue es irgendwie immer noch und schreibe mir die Seele vom Leib. Aber tatsächlich, ich drifte ab, wer viel nüchtern ist, ist umso breiter, wenn er breit ist…
Nochmal zum Schluß, ich liebe meinen Job, doch ich werde das nicht bis zum Ende meiner Tage machen können, und das hab` ich auch gar nicht vor. Ich werde, nachdem dieses Produkt nach über drei Jahren Arbeit endlich gedruckt wurde, zurück aufs Land ziehen und gucken, ob ich da nicht irgendwiewann demnächst mal mit ein paar Freunden eine Heimat für die zweite Lebenshälfte aufbauen kann. Und dann will ich irgendwann nur noch Bücher schreiben und Tiere im Garten haben, Obst und Gemüse anbauen, Kultur aufs Land bringen, einen eigenen Skatepark auf dem Hof bauen und noch tausend andere Sachen machen, einfach mehrgleisig fahren, weil das Leben nun mal so viel bietet. Aber ich baue gerne, mit Leib und Seele und voller Stolz Skateparks. Und daran wird sich auch nichts ändern, denn nach 25 Jahren Skateboarding am eigenen Leib weiß ich noch mehr als vorher (man lernt ja mit jedem Tag dazu, sollte man zumindest), daß Skateboarding eines der positivsten Phänomene der modernen Gesellschaft ist. Eine Anmaßung, ich weiß, aber ich habe mehr als reichlich Feldforschung betrieben, um zumindest mir selbst genau das beweisen zu können.
Skateboarding kann nicht die Welt retten, deren Untergang ist eh nicht mehr aufzuhalten, und ich rede nicht von dem Untergang des Planeten Erde, sondern lediglich von dem der Menschheit („Genauso wie die Dinosaurier werden auch wir aussterben, wir sind nicht so scheiße wichtig, wir waren nur ein scheiß Einfall…“ Meine Lieblingsszene aus dem Film ‚Nackt‘). Dieses Nihilistische (ist das überhaupt das richtige Wort? Sind Sie eigentlich anerkannter Journalist? Darf man eigentlich noch alte Rechtschreibung benutzen?) war schon immer in BOARDSTEIN, einfach nur weil es wahrscheinlich so in mir verBOARDSTEINt ist, und ich bin eigentlich ein sehr positiver Mensch. Aber eben auch ein sehr realistischer, und ich weiß jetzt schon wie damals, als ich nach dem Abitur nach Brasilien gehen wollte, um den Amazonas und die Lunge der Welt zu retten, daß mir dieser Planet und vor allem seine Natur fern der Menschheit sehr am Herzen liegt. Doch es kam alles anders mit dem Bäume pflanzen in Brasilien, 20 Jahre später habe ich dort einen Bowl betoniert und somit in etwas anderer Form etwas angepflanzt, denn auch dieser Bowl wird einigen von den zahllosen Ghettokids vor Ort dort eine neue Perspektive und Richtung geben, wie es mit Skateboarding nun mal so ist. Aber eigentlich finde ich Menschen scheiße, denn ich liebe Planet Erde mehr als je zuvor, und würde lieber was für ihn tun als für uns. Denn außerdem sind eine Menge Skater heutzutage echt stumpfe Ochsen, sogar noch stumpfer als ich…
Doch wenn ich Skateparks baue, weiß ich, daß ich wenigstens ein bißchen Übel verhindern kann, weil aus Skateparks, gerade wenn sie aus Beton gebaut sind und von Generationen genutzt und geliebt werden können, Skater entstehen. Und Skater sind grundsätzlich gute Menschen, zumindest die Skater, die ich aus meiner subjektiv objektiven Sicht als Skater bezeichnen würde, nämliche weltoffene, reisefreudige Bürger, die sich an dem Lächeln andere Kulturen erfreuen können, weil Ärger gibt es im Leben eh genug. Und auch wenn Menschen eher schlecht für diesen Planeten und dessen Erhalt sind, so haben sie wohl doch auch ihre Daseinsberechtigung als Geschöpfe dieser Erde. Und Skater sind durch ihre Tätigkeit des Skateboardens schon mal von sich aus halbwegs brauchbare Repräsentanten im Auftrag der Menschheit, aus seinem Leben wenigstens ein bißchen was rauszuholen und dabei auf dem Boden zu bleiben und manchmal auch ordentlich drauf zu fallen, vor allem um daraus zu lernen.
Ohne Scheiß, es ist Skateboarding, wir haben Spaß mit Sachen, die andere nicht mal als Sachen und nur als alltäglich wahrnehmen. Und dann gibt es da auch noch Skateparks, wo wir solche Sachen auf uns zugeschnitten bekommen bzw. heutzutage einfach selber bauen! Wir können mit so viel weniger so viel mehr anfangen als ihr, ihr doofen Normalbürger, und wenn ihr uns einfach mal lassen machen würdet, würdet ihr sehen, daß wir so schlimm gar nicht sind und eine Menge Gutes hervorbringen können. Beispiele dafür gibt es weltweit inzwischen genug und es werden ganz sicher nicht weniger. Ich bin zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ganz nüchtern, das war ich damals, als ich BOARDSTEIN gemacht hab`, eigentlich auch nie. Aber die Zeiten ändern sich, und das ist wohl auch gut so, wenn auch manche Weisheiten und alten Gewohnheiten sich nie ändern: Nüchtern betrachtet war es besoffen besser.
Skateboarding ist Nummer 1 (sofern der Soundtrack stimmt)! Ohne Skateboarding wäre ich nicht jetzt hier, wo und wie ich gerade bin, und ich hoffe, von mir behaupten zu können, daß ich zumindest kein komplettes Arschloch bin. Danke für eure Zeit, danke fürs Lesen…
Arne
P.S.: Zitat von Conni auf der Couch: „Wenn du noch ein bißchen Platz für P.S. oder Kommentar hast, schreib` ‚Conni hat gesagt, Gefühle müssen gelebt sein‘!…“
Aaaalso, jetzt zu sagen, ich würde den Text heute, zehn Jahre danach, eins zu eins genauso schreiben, wäre sicherlich übertrieben und weit hergeholt, selbst wenn ich wieder kurz vor Deadline besoffen am Schreibtisch in meinem WG-Zimmer sitzen würde, mit Catastrophen Conni auf der Couch beim Platten umdrehen. Aber ich kann das ohne Frage alles auch heute noch definitiv so stehen lassen, denn da steckt in allen Punkten genau so viel Wahrheit drin wie damals schon. Allerdings machen sich heutzutage mit Sicherheit noch mehr stumpfe Ochsen im Skateboarding breit, wovon ich hier in meiner Heimatstadt Flensburg leider bekanntlich ein sehr trauriges Liedchen singen kann (und hier schon oft genug gemacht habe), was mich deutlich mehr belastet, als ich mir jemals hätte erträumen lassen. Aber wenn Skateboarding seit 35 Jahren mein Leben ist, tut es natürlich weh, wenn es, so wie ich es kenne und liebe, kaputt gemacht wird von Leuten, die selbst noch nicht einmal 35 Jahre alt sind und weder Haare am Sack haben, geschweige denn die dazugehörigen Eier. So gibt es hier leider eine halbe Handvoll oberschlauer Superpädagogen, die aus dem pädagogisch äußerst wertvollen Spielzeug Skateboard ein Sportgerät machen. Diese allgemeine Entwicklung, die letztendlich weltweit überall ähnlich abläuft, wird sich auch leider nicht mehr aufhalten geschweige denn rückläufig machen lassen. Aber sollte sich später in der Zukunft mal irgendjemand darüber wundern wieso weshalb warum, also genau von Leuten wie diesen wurde Skateboarding in seiner ursprünglichen und natürlichen Form kaputt gemacht und gespalten, nämlich in Skater und in Leute, die lediglich Skateboard fahren. Und diese Schere wird in Zukunft immer weiter auseinander gehen, genau wie Arm und Reich in unserer Gesellschaft. Fest steht, ich würde meine Artgenossen lieber lieben, statt ständig hinterfragen und kritisieren zu müssen. Aber die jungen Leute können ja nicht mehr kommunizieren, was vor allem damit anfängt, daß sie nicht mehr zuhören, weil sie ja Dank ihres smarten Phones eh schon alles wissen… Punkt.
So, eigentlich könnte man ja (und sollte vielleicht auch) das Ganze hiermit für heute erstmal belassen, aber nix da, ihr Zuckerschnuten, es handelt sich hier schließlich um die Nachwehen von meinem Apokalypse Blog, quasi das achte Kapitel! Glaubt mal nicht, da gehe ich nicht nochmal aufs Ganze, denn es ist ja nicht so, als hätte ich seit März letzten Jahres nicht noch weitere schlaue Bücher gelesen und hier und da auch anderweitig neue Kenntnisse verinnerlichen können, weil ich verdränge halt nicht im Gegensatz zu den meisten. Deswegen schreibe ich diese ganze Scheiße ja auch auf, nicht um Beifall zu ernten, sondern um Menschen Denkanstöße zu geben, auf die sie vielleicht alleine nicht kommen (aus diesem Grund lese ich für mich so gerne Bücher, weil Denken hat tatsächlich was für sich). Und wie schon weiter oben geschrieben, daß sich unsere weltweite Gesamtsituation im Laufe des Jahres 2024 irgendwie verbessert haben sollte, ist wie zu erwarten natürlich nicht eingetreten, ganz im Gegenteil, und zwar sowas von. Um es eleganter vielleicht mit den Worten der jüdischen Philosophin Hannah Arendt zu sagen: „Weil die Welt von Sterblichen gemacht ist, nutzt sie sich ab. Sie ist von sterblichen Händen geschaffen, um Sterblichen für eine begrenzte Zeit als Heimat zu dienen. Und weil sie sich abnutzt, müssen wir, die Sterblichen, sie dauernd neu einrenken.“
So mußte ich mir Ende August auf dem Weg an die französische Front (ja, ich mußte da mal wieder zum Arbeiten hin, da meine Heimat in Sachen Skateparks leider so gar nicht aus dem Arsch kommt, wie mit allem anderen eigentlich auch nicht) am Hamburger Hauptbahnhof unbedingt seit langem mal wieder den Stern kaufen, weil auf dem Titelbild niemand Geringeres als Yuval Noah Harari zu sehen war, mein neuer Lieblingsintellektueller und in vielerlei Hinsicht der neue, nächste Noam Chomsky sozusagen. Diesen genialen Menschen und seine Werke hatte ich euch ja schon am Ende des letzten Kapitels meines Apokalypse-Blogs ans Herz gelegt, denn der ist wirklich schlauer als wir meisten anderen alle zusammen, und weil Denken an sich jetzt nicht das Allerschlechteste für die Menschheit ist bzw. wäre, kann mensch sich ruhig mal anhören und durchlesen, was dieser große Denker so zu sagen hat. Kleiner Tip an dieser Stelle: Wer wie die meisten zu faul oder doof zum Lesen ist, sollte sich vielleicht im sogenannten Internet mal eines von den unzähligen Interviews mit Yuval angucken/-hören, denn dieser Mann hat grundsätzlich nicht nur interessante, sondern vor allem äußerst wichtige Dinge zu sagen. Dazu und dabei ist er äußert sympathisch und seine Homosexualität macht ihn irgendwie noch glaubwürdiger, als er ohnehin schon ist.
So gibt er bereits gleich am Anfang seines Interviews im Stern auf die entsprechende Frage hin zu erkennen, daß der 3. Weltkrieg vielleicht ja schon begonnen hat. Denn als Deutschland am 1. September 1939 in Polen einmarschiert ist, haben auch nur die allerwenigsten Menschen geahnt, daß der 2. Weltkrieg angebrochen war, vielleicht begann der dritte ja somit bereits am 24. Februar 2022 mit dem Einmarsch Rußlands in die Ukraine. Und ja, für diese simple Schlußfolgerung, die so scheinbar naheliegend auf der Hand liegt, auf die aber z.B. ich so nicht unbedingt gekommen wäre, braucht mensch vielleicht doch einfach ein Gehirn, das ein bißchen komplexer und weiter denkt als unsere durchschnittlichen.
Und genau um so etwas geht es in Hararis neustem Buch ‚Nexus‘, das ich mir beim Umsteigen am Kölner Bahnhof dann natürlich auch direkt kaufen mußte und in den folgenden Wochen abends nach der Arbeit verschlungen habe wie seine ersten drei Werke auch. Denn nachdem er uns in seinen ersten drei Büchern auf unmißverständliche Weise die Menschheitsgeschichte dargelegt hat, setzt sich dieser schlaue Mensch in ‚Nexus‘ nun ausführlich mit dem Phänomen der Künstlichen Intelligenz auseinander, was ja quasi als eine Weiterentwicklung von uns Menschen bezeichnet werden kann. Das tut er wie gewohnt sehr ausführlich, gewissenhaft und objektiv, und dabei führt er uns in den ersten Kapiteln durch die Geschichte der menschlichen Informationsnetzwerke und ihre Folgen, welche er immer wieder mit scheinbar willkürlichen Beispielen unserer Geschichte untermalt (die Hexenverfolgung im Mittelalter ist dabei sein allerliebstes). Und das führt uns von Erzählungen über Dokumente, den Buchdruck und Rundfunk bis zu den heutigen Algorithmen und Künstlicher Intelligenz. Und ich finde, es ist in der Tat mal wieder was zum auf der Zunge zergehen lassen: Wir eigentlich superintelligenten Menschen haben etwas erschaffen, daß in nicht allzu ferner Zukunft (wir sprechen hier von ein paar Jahren, allerhöchstens ein, zwei Jahrzehnten!) intelligenter sein wird als wir selbst. Da frage ich mich einmal mehr, wie dumm kann mensch eigentlich sein!?
Harari hingegen ist so schlau, daß er KI als solche gar nicht mal dämonisiert, allerdings betont er durchgehend immer wieder sehr eindringlich, daß wir die Entwicklung von KI kontrollieren und steuern müssen und sie in unserer global vernetzten Welt nicht sich selbst überlassen dürfen. Und wenn wir uns bewußt machen, wie wenig bis gar nicht dieses so wichtige und für unser aller Zukunft essenzielle Thema in diesem Moment z.B. in Presse oder Politik Beachtung findet, kann von Kontrolle und Steuerung wohl wahrlich nicht die Rede sein. Und so wird KI wohl mit ziemlicher Sicherheit auf irgendeine Art und Weise unseren Untergang herbeiführen (sollten wir das bis dahin nicht alleine ohne sie geschafft haben – Anm.d.Verf.). Denn, so Harari, „es gehört zum Wesen von KI, Dinge zu tun, die wir nicht erwarten. Uns fehlt die Vorstellungskraft, uns auszumalen, was dank KI alles passieren und was vor allem schiefgehen kann.“ Und trotzdem versucht er genau das in diesem Buch aufzuschlüsseln und zu erklären, und dabei zählt er – ganz löblich immer schön im Konjunktiv! – so einiges an (Untergangs-)Szenarien auf, was eben alles passieren könnte. Also alles könnte, nichts muß… Wir hingegen wären bzw. sind ganz schön arrogant, wenn wir glauben, daß nicht das ein oder andere davon auch eintreten wird. Dazu nochmal der Meister selbst: „Die Menschen haben immer wieder behauptet, bestimmte Dinge wären für Computer auf ewig unerreichbar – ob nun Schachspielen, Autofahren oder das Verfassen von Gedichten – doch ‚ewig‘ waren letztendlich dann immer nur eine Handvoll Jahre.“ (S.274)
Diejenigen wenigen von euch, die das hier jetzt tatsächlich immer noch lesen, ahnen vielleicht schon ein kleines bißchen die Tragweite des Themas Künstliche Intelligenz. So ist z.B. ja auch das Thema ‚Fake News‘ heutzutage ständig in aller Munde, wer sich dafür interessiert, kann sich in diesem Buch von Harari z.B. erklären lassen, wie Algorithmen von Facebook zu dem Militärputsch in Myanmar beigetragen haben. Also abgesehen davon daß bzw. gerade weil ich jedem Menschen dieser Erde unbedingt raten würde, dieses Buch zu lesen oder sich zur Not auch voll modern irgendwiewo anzuhören, möchte ich mich hier jetzt bitte noch ein bißchen mehr damit auseinandersetzen und ein wenig daraus zitieren, für euch und damit vielleicht für unsere gemeinsame Zukunft. Und für mein Gewissen, denn das Thema Künstliche Intelligenz ist leider wie gemacht für die Nachwehen meines Apokalypse-Blogs, in dem ich seinerzeit aus gutem Grund nicht ausführlicher darauf eingegangen bin. Dieser gute Grund ist vermutlich, daß dieses Thema sowas wie ein eigenes Kapitel benötigt, warum sollte eigentlich im Laufe der nächsten ausführlichen Textpassagen deutlich werden. Und der Einfachheit halber werde ich diese Textpassagen jetzt einfach nacheinander runterrasseln – sie sind so gesehen auch ziemlich chronologisch von vorne nach hinten so aus dem Buch von mir abgetippt worden – ohne mich da textmäßig großartig mit Meinungen, Erklärungen oder Kommentaren einzumischen. Yuval versteht von der Thematik sowieso weitaus mehr als ich und ihr sollt ja nur einen Einblick davon bekommen, wie komplex und gleichzeitig erschreckend das Thema KI wirklich ist, für uns alle wie für jeden einzelnen. Deswegen kann ich alle, die es bis hierher geschafft haben, nur bitten weiterzulesen, denn diese Scheiße ist unglaublich wichtig! Also, Leute, stellt euch einfach vor, ihr würdet das Buch durchblättern und dabei ab und zu mal auf den Seiten reinlesen, wundert euch also bitte nicht, wenn sich der Zusammenhang insgesamt daher nicht immer gleich sofort erschließt, aber gegeben ist er mit Sicherheit. Und wenn du nicht ganz so doof bist, wie du aussiehst, wird er sich dir auch beim Lesen erschließen.…
„Schon heute, in der Frühphase der KI-Entwicklung, treffen Computer Entscheidungen über uns – ob wir eine Hypothek oder eine Stelle bekommen oder ob wir ins Gefängnis gehen müssen. Diese Entwicklung wird sich nur weiter verstärken und beschleunigen und es uns schwerer machen, unser eigenes Leben zu verstehen. Können wir darauf vertrauen, daß Computeralgorithmen weise Entscheidungen treffen und bessere Arbeit machen? Die Gefahren sind viel größer als bei einem Hexenbesen, dem wir auftragen, Wasser für uns zu holen. Dabei spielen wir nicht nur mit der Existenz der Menschheit. KI hat das Zeug, nicht nur den Lauf der Geschichte unserer Spezies zu verändern, sondern die Evolution des gesamten Lebens.“ (S.24)
„In den Jahren seit der Veröffentlichung von ‚Homo Deus‘ haben sich die Veränderungen weiter beschleunigt, und die Menschheit hat tatsächlich einen Teil ihrer Macht an Algorithmen verloren. Viele der Szenarien, die im Jahr 2016 noch wie Science-Fiction klangen – z.B. daß Algorithmen Kunst hervorbringen, sich als Menschen ausgeben, wesentliche Lebensentscheidungen für uns treffen und mehr über uns wissen könnten als wir selbst – sind im Jahr 2024 Alltag geworden.“ (S.25)
„Ein zweites und größeres Problem war die Interpretation. Selbst wenn sich alle einig sind, daß es sich um ein heiliges Buch handelt, und selbst wenn Konsens über die Formulierungen besteht, lassen sich dieselben Worte ganz unterschiedlich auslegen. So sagt die Bibel zum Beispiel, daß am Sabbat die Arbeit ruhen soll – aber sie erklärt nicht, was sie unter ‚Arbeit‘ versteht. Ist es in Ordnung, am Sabbat die Felder zu wässern? Darf man Blumen gießen? Oder Ziegen hüten? Darf man am Sabbat lesen? Oder ein Stück Papier zerreißen? Die Rabbiner entschieden, daß Lesen keine Arbeit ist, aber ein Stück Papier zu zerreißen sehr wohl, weshalb sich orthodoxe Juden für den Sabbat einen Stapel mit abgerissenem Klopapier zurechtlegen.“ (S.133)
„Wenn nun aber Menschen zu Irrtümern neigen, wie sollen wir uns dann darauf verlassen können, daß die Selbstregulierung fehlerfrei ist? Um dieser endlosen Schleife zu entkommen, haben Menschen oft von einer übermenschlichen Instanz geträumt, die fehlerfrei ist und auf die sie sich stützen können, um ihre Fehler zu erkennen und zu korrigieren. Heute hoffen viele, die KI könnte dies Instanz sein, so zum Beispiel Elon Musk, der im April 2023 erklärte: „Ich beginne etwas, was ich TruthGPT nenne, eine maximal wahrheitssuchende künstliche Intelligenz, die versucht, die Natur des Universums zu ergründen.“ Wir werden noch sehen, warum das eine gefährliche Phantasie ist. In früheren Zeitaltern nahmen solche Phantasien eine andere Form an: Es waren die Religionen. In unserem Privatleben kann Religion verschiedene Funktionen übernehmen. Sie kann uns trösten oder das Geheimnis des Lebens erklären. Aber historisch bestand der wichtigste Auftrag der Religion darin, der Gesellschaftsordnung eine Legitimation zu verleihen, die über den Menschen hinausweist. Religionen wie das Judentum, das Christentum, der Islam und der Hinduismus behaupten, ihre Vorstellungen und Gesetze seien von einer unfehlbaren übermenschlichen Autorität gestiftet und daher über jeden Irrtum erhaben, weshalb es fehlbaren Menschen nicht in den Sinn kommen sollte, sie hinterfragen oder gar ändern zu wollen.“ (S.122) „Religionen haben im Laufe der Geschichte immer wieder eine nicht-menschliche Quelle für ihre heiligen Bücher geltend gemacht; das könnte bald schon Realität sein. Es könnten attraktive und mächtige Religionen entstehen, deren Schriften von KI verfaßt werden.“ (S.294)
„Vor der Erfindung von Computern waren Menschen unverzichtbare Glieder in jeder Kette von Informationsnetzwerken, zum Beispiel Kirchen oder Staaten. Einige Ketten bestanden sogar nur aus Menschen. Mohammed konnte Fatima etwas erzählen, dann erzählte Fatima es Ali, Ali erzählte es Hasan, und Hasan erzählte es Hussein. Das war eine Mensch-zu-Mensch-Kette. Andere Ketten umfaßten auch Dokumente. Mohammed konnte etwas aufschreiben, Ali konnte später das Dokument lesen, es interpretieren und seine Interpretation in einem neuen Dokument festhalten, das dann von weiteren Personen gelesen werden konnte. Das war eine Mensch-zu-Dokument-Kette. Dokument-zu-Dokument-Ketten waren hingegen unmöglich. Ohne menschliche Vermittler konnte ein von Mohammed geschriebener Text keinen neuen Text produzieren. Der Koran konnte nicht die Hadithe schreiben, das Alte Testament konnte nicht die Mischna zusammenstellen, und die Verfassung der Vereinigten Staaten konnte nicht die Bill of Rights verfassen. Kein Papierdokument hat jemals von sich aus ein anderes Papierdokument hervorgebracht, geschweige denn es verbreitet. Der Weg von einem Dokument zum anderen führt notwendigerweise immer durch das Gehirn eines Menschen. Im Gegensatz dazu können Computer-zu-Computer-Ketten heute ohne zwischengeschaltete menschliche Beteiligung funktionieren. Ein Computer könnte zum Beispiel eine Geschichte generieren und sie in den sozialen Medien posten. Ein zweiter Computer könnte sie als Fake News erkennen und sie nicht nur löschen, sondern auch andere Computer warnen und dazu auffordern, sie zu blockieren. Unterdessen könnte ein dritter Computer, der diese Aktivität analysiert, daraus schließen, daß dies der Hinweis auf den Beginn einer politischen Krise ist, und sofort risikohafte Aktien verkaufen und sicherere Staatsanleihen kaufen. Andere Computer, die Finanztransaktionen überwachen, könnten mit weiteren Aktienverkäufen reagieren und so einen Börsenkrach auslösen. All das könnte innerhalb von Sekunden geschehen, bevor irgendein Mensch bemerken und entschlüsseln kann, was all diese Computer da machen.“ (S.289)
„Computer können sich in unbegrenzter Zahl vernetzen, und sie verstehen zumindest von einigen finanziellen und rechtlichen Gegebenheiten mehr als viele Menschen. Wenn die Zentralbank den Leitzins um 0,25 Prozent anhebt, wie wirkt sich das auf die Wirtschaft aus? Wenn die Renditekurve von Staatsanleihen ansteigt, ist es dann ein guter Zeitpunkt, welche zu kaufen? Bei welchem Ölpreis ist es ratsam, Leerverkäufe zu tätigen? Solche und andere wichtige Finanzfragen können Computer bereits besser beantworten als die meisten Menschen. Kein Wunder, daß Computer einen immer größer werdenden Teil der Finanzentscheidungen in aller Welt treffen. Womöglich kommen wir an den Punkt, an dem die Computer die Finanzmärkte dominieren und völlig neue Finanzinstrumente erfinden, die wir gar nicht mehr verstehen. Das gleiche gilt für Gesetze. Wie viele Menschen kennen alle Steuergesetze ihres Landes? Selbst professionelle Buchhalter tun sich damit schwer. Aber Computer sind für solche Dinge gebaut. Sie sind bürokratische Natives und können mit übermenschlicher Effizienz automatisch Gesetze entwerfen, Rechtsverstöße überwachen und Gesetzeslücken erkennen. Als in den 1940er und 1950er Jahren die ersten Computer entwickelt wurden, glaubten viele Menschen, daß diese Dinger allenfalls im Rechnen mit Zahlen gut sein würden. Die Vorstellung, daß sie eines Tages die Feinheiten der Sprache und sprachlicher Schöpfungen wie Gesetze und Währungen beherrschen würden, blieb weitgehend auf den Bereich der Science-Fiction beschränkt. Doch in den frühen 2020er Jahren haben Computer eine bemerkenswerte Fähigkeit bewiesen, Sprache zu analysieren, zu manipulieren und zu erzeugen, sei es mit Worten, Tönen, Bildern oder Codesymbolen. Während ich dies schreibe, können Computer Geschichten erzählen, Musik komponieren, Bilder gestalten, Videos produzieren und sogar ihre eigene Software schreiben. Mit dem Erwerb der menschlichen Sprache bekommen Computer den Generalschlüssel in die Hand, der die Türen all unserer Institutionen aufschließt, von Banken bis zu Tempeln. Mithilfe der Sprache schaffen wir nicht nur Gesetzbücher und Finanzinstrumente, sondern auch Kunst, Wissenschaft, Nationen und Religionen. Was würde es für die Menschen bedeuten, in einer Welt zu leben, in der eingängige Melodien, wissenschaftliche Theorien, technische Werkzeuge, politische Manifeste und sogar religiöse Mythen von einer nicht-menschlichen andersartigen Intelligenz geformt werden, die es versteht, die Schwächen, Voreingenommenheiten und Abhängigkeiten des menschlichen Geistes mit übermenschlicher Effizienz auszunutzen?“ (S.292)
„Ebenso beunruhigend ist, daß wir zunehmend ausgiebige Diskussionen über die Bibel, über QAnon, über Hexen, über Abtreibung oder über den Klimawandel mit Wesen führen könnten, die wir für Menschen halten, die in Wirklichkeit aber Computer sind. Das könnte die Demokratie hinfällig machen. Wenn Computer die Sprache hacken, könnte dies ein sinnvolles öffentliches Gespräch sehr erschweren. Wenn wir uns an einer politischen Debatte mit einem Computer beteiligen, der sich als Mensch ausgibt, verlieren wir doppelt. Erstens ist es sinnlos verschwendete Zeit, die Meinung eines Propaganda-Bots ändern zu wollen, der schlicht nicht zu überzeugen ist. Zweitens: Je mehr wir mit dem Computer sprechen, desto mehr geben wir von uns selbst preis, was es wiederum dem Bot erleichtert, seine Argumentation zu verfeinern und unsere Ansichten zu beeinflussen. Dank ihrer Sprachkompetenz könnten Computer noch einen Schritt weiter gehen. Indem sie sich mit uns unterhalten und interagieren, könnten sie intime Beziehungen zu Menschen aufbauen und dann die Macht der Vertrautheit nutzen, um uns zu beeinflussen. Um solche ‚Fake-Intimität‘ zu schaffen, müssen Computer keine eigenen Gefühle entwickeln, sondern nur lernen, wie sie uns dazu bringen, daß wir uns ihnen emotional verbunden fühlen.“ (S.295)
An dieser Stelle kurz ein unheimliches Beispiel, welches in diesem Buch auf mehreren Seiten beschrieben und erklärt wird, und zwar geht es dabei um diese „verschwommenen“ Codes, mit denen wir manchmal auf unserem Computer beweisen müssen, daß wir selbst ein Mensch und eben kein Computer sind, weil Computer diese Codes selbst (noch?) nicht entschlüsseln können. So konnte in einem Experiment allerdings ein Computer einen Menschen überzeugen, ein Mensch mit Sehschwäche zu sein, und den anderen dazu bringen, für ihn so einen Code zu entschlüsseln. Und das mag für euch zwischen all dem anderen jetzt absolut banal und nichtig klingen, ich finde vielmehr, das klingt wie der Anfang vom Ende…
„Was hier auf dem Spiel steht, ist möglicherweise das Ende der Menschheitsgeschichte. Nicht das Ende der Geschichte, sondern das Ende des von Menschen dominierten Teils. Geschichte ist das Zusammenspiel von Biologie und Kultur, von unseren biologischen Bedürfnissen und Wünschen nach Dingen wie Nahrung, Sex und Intimität auf der einen Seite und unseren kulturellen Schöpfungen wie Religionen und Gesetzen auf der anderen. Die Geschichte der christlichen Religion zum Beispiel ist ein Prozeß, in dem die Mythen und Gesetze der Kirche über die Ernährung, das Sexualleben und die intimen Beziehungen der Menschen bestimmen und ihrerseits von den zugrunde liegenden biologischen Kräften und Dramen geprägt wurden. Welchen Lauf wird die Geschichte nehmen, wenn Computer eine immer größere Rolle in der Kultur spielen und damit beginnen, Geschichten, Gesetze und Religionen zu produzieren? Binnen weniger Jahre könnte die künstliche Intelligenz die gesamte menschliche Kultur – alles, was wir im Laufe von tausenden von Jahren geschaffen haben – verschlingen, verdauen und einen riesigen Schwall neuer kultureller Artefakte ausspucken. Wir leben eingesponnen in einen Kokon aus Kultur und nehmen die Realität durch ein kulturelles Prisma wahr. Unsere politischen Ansichten werden durch die Berichte von Journalisten und die Meinungen von Freunden geprägt. Unsere sexuellen Gewohnheiten werden von dem beeinflußt, was wir in Märchen hören und in Filmen sehen. Sogar die Art und Weise, wie wir gehen und atmen, wird von kulturellen Traditionen geprägt, etwa von der militärischen Disziplin von Soldaten und den meditativen Übungen der Mönche. Bis vor kurzem wurde der kulturelle Kokon, in dem wir leben, von anderen Menschen gesponnen. Künftig wird er zunehmend von Computern gestaltet werden.“ (S.298)
„Daraus ergibt sich eine Gefahr, die wenig mit der Vorstellung der Science-Fiction zu tun hat. Das Kino stellt die physische Bedrohung durch intelligente Maschinen in den Vordergrund: In Terminator laufen Roboter durch die Straßen und erschießen Menschen. Matrix geht davon aus, daß Computer, die die totale Kontrolle über die menschliche Gesellschaft erlangen wollen, zunächst die physische Kontrolle über unsere Gehirne gewinnen müssen, indem sie diese direkt an ein Computernetzwerk anschließen. Doch um Menschen zu manipulieren, müssen Gehirne nicht an Computer angeschlossen werden. Seit Jahrtausenden haben Propheten, Dichter und Politiker die Sprache benutzt, um die Gesellschaft zu manipulieren und umzugestalten. Jetzt lernen Computer, wie das geht. Und sie werden keine Killerroboter schicken müssen, um uns zu erschießen. Sie könnten einfach Menschen manipulieren, den Abzug zu betätigen.“ (S.299)
„Wie können wir dann einem Computernetzwerk ein Endziel vorgeben, das es niemals ignorieren oder unterlaufen darf? Führungskräfte und Ingenieure im Tech-Sektor, die künstliche Intelligenz möglichst schnell weiterentwickeln wollen, begehen einen großen Fehler, wenn sie glauben, es gäbe eine rationale Möglichkeit, der künstlichen Intelligenz zu sagen, was ihr oberstes Ziel sein soll. Sie sollten aus den bitteren Erfahrungen von Generationen von Philosophen lernen, die versucht haben, Endziele zu definieren, und daran gescheitert sind.“ (S.385)
„Wem das zu sehr nach Science-Fiction klingt, der denke an mögliche Entwicklungen im Finanzsystem. Mit zunehmender Intelligenz und Kreativität werden Computer wahrscheinlich neue Intercomputer-Finanzinstrumente schaffen. Goldmünzen und Dollars sind intersubjektive Objekte. Kryptowährungen wie Bitcoin liegen irgendwo auf halbem Weg zwischen intersubjektiv und intercomputer. Erfunden wurden sie von Menschen, und ihr Wert hängt nach wie vor von menschlichen Überzeugungen ab, aber sie können nicht außerhalb des Computernetzwerkes existieren. Darüber hinaus werden sie zunehmend von Algorithmen gehandelt, so daß ihr Wert von den Berechnungen der Algorithmen und eben nicht nur von menschlichen Überzeugungen abhängt. Was wäre, wenn Computer in zehn oder fünfzig Jahren eine neuartige Kryptowährung oder ein anderes Finanzinstrument schaffen, das zu einem wichtigen Instrument für Handel und Investitionen wird – und zu einer potenziellen Quelle für politische Krisen und Konflikte? Erinnern wir uns daran, daß die globale Finanzkrise von 2007/08 durch forderungsgesicherte Wertpapiere (sogenannte Collateralized Debt Obligations, CDOs) ausgelöst wurde. Diese Finanzinstrumente wurden von einigen Mathematikern und Finanzüberfliegern erfunden und waren für die meisten Menschen, einschließlich der Regulierungsbehörden, nahezu unverständlich. Das führte zu einem Versagen der Behörden und zu einer globalen Katastrophe. Computer könnten durchaus Finanzinstrumente schaffen, die um Größenordnungen komplexer sind als CDOs und die nur für andere Computer verständlich sind. Die Folge könnte eine finanzielle und politische Krise sein, die noch schlimmer ist als die von 2007/8.“ (S.399)
„Zehntausende von Jahren beherrschten die Menschen den Planeten Erde, weil sie als Einzige in der Lage waren, intersubjektive Gebilde wie Unternehmen, Währungen, Götter und Nationen zu schaffen und aufrechtzuerhalten und mithilfe solcher Gebilde Zusammenarbeit im großen Maßstab zu organisieren. Jetzt könnten Computer vergleichbare Fähigkeiten erlangen. Das ist nicht zwangsläufig eine schlechte Nachricht. Ohne Konnektivität und Kreativität wären Computer nicht besonders nützlich. Wir verlassen uns zunehmend auf Computer, wenn es darum geht, Geld zu verwalten, unsere Fahrzeuge zu steuern, die Umweltverschmutzung zu reduzieren und neue Medikamente zu entwickeln, eben weil Computer direkt miteinander kommunizieren können, Muster erkennen, die wir nicht erkennen können, und Modelle konstruieren, die uns vielleicht nie in den Sinn kämen. Die Frage ist nicht, wie wir den Computern jegliche gestalterische Fähigkeit nehmen können, sondern vielmehr, wie wir ihre Kreativität in die richtigen Bahnen lenken. Es ist das gleiche Problem, das wir seit jeher mit der menschlichen Kreativität hatten. Die von Menschen erfundenen intersubjektiven Objekte waren die Grundlage für alle Errungenschaften der menschlichen Zivilisation, aber sie führten gelegentlich zu Kreuzzügen, Dschihads und Hexenjagden. Die Intercomputer-Objekte werden wahrscheinlich die Grundlage für zukünftige Zivilisationen sein, doch die Tatsache, daß Computer empirische Daten sammeln und sie mithilfe von Mathematik analysieren, bedeutet nicht, daß sie nicht ihre eigenen Hexenjagden starten könnten.“ (S.401)
„Zwar haben bestimmte Auslegungen von Schriften gelegentlich zu Katastrophen wie Hexenverfolgungen und Religionskriegen geführt, doch die Menschen waren immer in der Lage, ihre Überzeugungen zu ändern. Wenn die menschliche Vorstellungskraft einen kriegerischen und hasserfüllten Gott beschwor, stand es nach wie vor in unserer Macht, uns von ihm zu befreien und uns eine tolerantere Gottheit vorzustellen. Algorithmen aber sind unabhängige Akteure, und sie nehmen uns schon heute einen Teil unserer Macht. Wenn sie eine Katastrophe verursachen, werden wir sie nicht unbedingt aufhalten können, indem wir unsere Vorstellungen von ihnen ändern. Und es ist sehr wahrscheinlich, daß Computer, wenn wir ihnen Macht anvertrauen, tatsächlich Katastrophen verursachen werden, denn sie sind fehlbar. Wenn wir sagen, daß Computer fehlbar sind, bedeutet das weit mehr, als daß ihnen gelegentlich sachliche Fehler oder falsche Entscheidungen unterlaufen. Viel wichtiger ist, daß das Computernetzwerk, genau wie das menschliche Netzwerk vor ihm, möglicherweise nicht das richtige Gleichgewicht zwischen Wahrheit und Ordnung findet. Indem es wirkmächtige Computermythen schafft und uns aufzwingt, könnte das Computernetzwerk historische Katastrophen verursachen, die die frühneuzeitlichen europäischen Hexenverfolgungen oder Stalins Zwangskollektivierung weit in den Schatten stellen würde.“ (S.415)
„Angesichts des Tempos, mit dem sich KI entwickelt, ist es schlichtweg unmöglich, ihre Entwicklungen vorherzusehen und Vorkehrungen gegen alle potenziellen Gefahren zu treffen. Das ist ein wesentlicher Unterschied zwischen künstlicher Intelligenz und früheren existentiellen Bedrohungen wie der Nukleartechnologie. Letztere konfrontierte die Menschheit mit einigen leicht vorhersehbaren Untergangsszenarien, allen voran dem Atomkrieg. Daher war es möglich, die Gefahr im Voraus zu erfassen und Wege zu ihrer Abschwächung zu suchen. Die künstliche Intelligenz konfrontiert uns jedoch mit zahllosen Untergangsszenarien. Einige sind relativ leicht zu begreifen, zum Beispiel die Gefahr, daß Terroristen die KI zur Herstellung biologischer Massenvernichtungswaffen einsetzen könnten. Andere sind schwieriger zu fassen, etwa die Entwicklung neuer psychologischer Massenvernichtungswaffen durch KI. Einige könnten die menschliche Vorstellungskraft völlig übersteigen, weil sie den Berechnungen einer andersartigen Intelligenz entstammen.“ (S.417)
„Für manche Menschen klingen die Warnungen vor dem Zusammenbruch der Zivilisation wie übertrieben Weltuntergangsgesänge. Jedes Mal, wenn eine mächtige neue Technologie aufkam, war sie begleitet von der Befürchtung, sie könne die Apokalypse herbeiführen. Aber wir sind immer noch da. Als die Industrielle Revolution Fahrt aufnahm, sind die Untergangszenarien der maschinenstürmerischen Ludditen nicht eingetreten, und die „finsteren satanischen Mühlen“, wie der englische Dichter William Blake die Fabriken nannte, haben am Ende die wohlhabendsten Gesellschaften der Geschichte hervorgebracht. Die meisten Menschen genießen heute weitaus bessere Lebensbedingungen als ihre Vorfahren im 18. Jahrhundert. Intelligente Maschinen würden sich als noch segensreicher erweisen als alle bisherigen Maschinen, versprechen KI-Enthusiasten wie Marc Andreessen und Ray Kurzweil. Die Menschen würden eine viel bessere Gesundheitsversorgung, Bildung und andere Dienstleistungen genießen, und die KI werde sogar dazu beitragen, das Ökosystem vor dem Kollaps zu retten. (viel Glück und vor allem Erfolg dabei – Anm.d.Verf.) Leider zeigt eine genauerer Blick in die Geschichte, daß die Ludditen nicht ganz Unrecht hatten und daß wir tatsächlich sehr gute Gründe haben, uns vor mächtigen neuen Technologien zu fürchten. Selbst wenn am Ende die positiven Aspekte dieser Technologien die negativen überwiegen, führt der Weg zu diesem Happy End durch viele Irrungen und Wirrungen. Neuartige Technologien enden oft in historischen Katastrophen, nicht weil die Technologie von Natur aus schlecht ist, sondern weil die Menschen erst mit der Zeit lernen, sie vernünftig zu nutzen. Ein gutes Beispiel dafür ist die Industrielle Revolution. Als sich die Industrietechnologie im 19. Jahrhundert weltweit auszubreiten begann, stellten sie die traditionellen ökonomischen, sozialen und politischen Kulturen auf den Kopf und machte den Weg frei für die Entstehung vollkommen neuer Gesellschaften, die potenziell wohlhabender und friedlicher waren. Allerdings war es alles andere als einfach zu lernen, wie man gutartige Industriegesellschaften aufbaut, und es waren viele kostspielige Experimente vonnöten, die Hunderte Millionen Opfer forderten. Eines dieser kostspieligen Experimente war der moderne Imperialismus…“ (S.422)
„Wenn wir die fortdauernde Schädigung des Ökosystems einmal ausklammern, können wir uns mit dem Gedanken trösten, daß die Menschen irgendwann gelernt haben, ihre Industriegesellschaften gütiger zu gestalten. Koloniale Eroberungen, Weltkriege, Völkermorde und totalitäre Diktaturen waren beklagenswerte Experimente, aus denen die Menschen lernten, wie man es nicht machen sollte. Am Ende des 20. Jahrhunderts, so könnte man argumentieren, hat die Menschheit es mehr oder weniger richtig gemacht. Dennoch ist die Botschaft für das 21. Jahrhundert düster. Wenn die Menschheit so schreckliche Lektionen brauchte, um den Umgang mit Dampfkraft und Telegraphie zu lernen, was wird dann der Preis für die Beherrschung von Biotechnologie und künstlicher Intelligenz sein? Müssen wir einen weiteren Zyklus globaler Imperien, totalitärer Regime und Weltkriege durchlaufen, um herauszufinden, wie wir sie zu unserem Besten nutzen können? Die Technologien des 21. Jahrhunderts sind viel mächtiger – und potenziell viel zerstörerischer – als die des 20. Jahrhunderts. Wir haben daher wenig Spielraum für Fehler. Wenn es für die Nutzung der Industrietechnologie Schulnoten gäbe, dann hätte die Menschheit im 20. Jahrhundert bestenfalls eine ‚4‘ verdient – gerade genug, um zu bestehen. Im 21. Jahrhundert liegt die Latte deutlich höher. Dieses Mal müssen wir es besser machen.“ (S.425)
„Auch Ärzte schätzt unsere Gesellschaft mehr als Krankenschwestern, wie man unschwer am Gehalt erkennen kann. Dennoch ist die Arbeit von Pflegekräften schwieriger zu automatisieren als die von Ärzten, die hauptsächlich medizinische Daten sammeln, Diagnosen stellen und Behandlungen empfehlen. Bei diesen Aufgaben geht es im Wesentlichen um Mustererkennung, und das ist etwas, was KI besser kann als Menschen. Im Gegensatz dazu ist die KI weite davon entfernt, die Fähigkeiten zu besitzen, die zur Automatisierung von pflegerischen Aufgaben nötig sind, etwa einer verletzten Person einen Verband anzulegen oder einem weinenden Kind eine Spritze zu verabreichen. Diese beiden Beispiele bedeuten nicht, daß Geschirrspülen oder Krankenpflege niemals automatisiert werden könnten, aber sie zeigen, daß Menschen, die im Jahr 2050 einen Job haben wollen, in ihre motorischen und sozialen Fähigkeiten vielleicht genauso viel investieren sollten wie in ihren Intellekt.“ (S.439)
Ein dritter Irrglaube besteht darin, daß Computer Menschen in Berufen, die emotionale Intelligenz erfordern, nicht ersetzen könnten – von der Therapeutin bis zum Lehrer. Diese Annahme hängt nämlich davon ab, was wir unter emotionaler Intelligenz verstehen. Wenn damit die Fähigkeit gemeint ist, Emotionen richtig zu erkennen und optimal auf sie zu reagieren, dann könnten Computer den Menschen sogar in Sachen emotionaler Intelligenz durchaus übertreffen. Auch Emotionen sind Muster. Wut ist ein biologisches Muster in unserem Körper. Angst ist ebenfalls ein solches Muster. Woher weiß ich, ob jemand wütend oder ängstlich ist? Ich habe im Laufe der Zeit gelernt, menschliche Gefühlsmuster zu erkennen, indem ich nicht nur den Inhalt dessen, was jemand sagt, sondern auch seinen Tonfall, seinen Gesichtsausdruck und seine Körpersprache analysiere. Künstliche Intelligenz hat zwar keine eigenen Emotionen, kann aber trotzdem lernen, diese Muster bei Menschen zu erkennen. Vielleicht könnten Computer den Menschen beim Erkennen menschlicher Emotionen gerade deshalb übertreffen, weil sie keine eigenen Emotionen haben. Wir sehnen uns danach, verstanden zu werden, aber andere Menschen merken oft gar nicht, wie wir uns fühlen, weil sie zu sehr mit ihren eigenen Emotionen beschäftigt sind. Im Gegensatz dazu werden Computer ein äußerst fein abgestimmtes Verständnis für unsere Gefühle entwickeln, weil sie lernen, die Muster unserer Gefühle zu erkennen, während sie selbst keine Gefühle haben, die sie von den unseren ablenken.“ (S.439)
“Eines ist jedenfalls klar: Beschäftigung wird in Zukunft ausgesprochen unberechenbar sein. Unser großes Problem wird nicht der Mangel an Arbeitsplätzen sein, sondern eher die Umschulung von Arbeitskräften und die Anpassung an einen sich ständig verändernden Arbeitsmarkt. Menschen werden in finanzielle Schwierigkeiten geraten – wer wird sie in der Übergangsphase unterstützen, wenn sie ihren alten Arbeitsplatz verloren haben und sich weiterbilden? Mit Sicherheit wird es auch psychische Probleme geben, denn ein Arbeitsplatzwechsel und eine berufliche Neuausrichtung sind mit Streß verbunden. Und selbst wenn jemand finanziell und seelisch in der Lage ist, den Übergang zu bewältigen, wird dies keine langfristige Lösung sein. In den kommenden Jahrzehnten werden alte Arbeitsplätze verschwinden, es werden neue entstehen, aber auch die neuen werden sich rasch verändern und verschwinden. Die Menschen werden sich also nicht nur einmal, sondern viele Male neu orientieren und neu erfinden müssen, wenn sie nicht überflüssig werden wollen. Wenn drei Jahre hoher Arbeitslosenquoten Hitler an die Macht bringen konnten, was könnten dann nicht enden wollende Turbulenzen auf dem Arbeitsmarkt für die Demokratie bedeuten?“ (S.444)
„Die wichtigste menschliche Fähigkeit, um im 21. Jahrhundert zu überleben, wird wahrscheinlich die Flexibilität sein, und Demokratien sind flexibler als totalitäre Staaten. Zwar haben die Computer noch lange nicht ihr volles Potenzial ausgeschöpft, doch das gilt auch für den Menschen. Das haben wir im Laufe der Geschichte immer wieder erlebt. So ist beispielsweise eine der größten und erfolgreichsten Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt im 20. Jahrhundert nicht auf eine technische Erfindung zurückzuführen, sondern darauf, daß das ungenutzte Potenzial der Hälfte der menschlichen Spezies freigesetzt wurde. Um Frauen auf den Arbeitsmarkt zu bringen, bedurfte es keiner Gentechnik und keiner technischen Zauberkünste. Man mußte sich lediglich von einigen überholten Mythen verabschieden und den Frauen die Möglichkeit geben, das Potenzial zu nutzen, das sie schon immer hatten.“ (S.450)
„Die zunehmende Undurchschaubarkeit unseres Informationsnetzwerkes ist einer der Gründe für die jüngste Welle populistischer Parteien und charismatischer Führer. Wenn die Menschen sich keinen Reim mehr auf die Welt machen können und sich von den immensen Informationsmengen, die sie nicht verdauen können, überfordert fühlen, werden sie eine leichte Beute für Verschwörungserzählungen und wenden sich zur Rettung an etwas, was sie verstehen – einen Menschen. (und wenn sie dann einen Clown wie Trump wählen, bekommen sie einen Zirkus – Anm.d.Verf.) Und auch wenn charismatische Führungspersönlichkeiten sicherlich ihre Vorzüge haben, so kann leider kein einzelner Mensch, wie inspirierend oder brilliant er auch sein mag, im Alleingang entschlüsseln, wie die Algorithmen funktionieren, die die Welt zunehmend beherrschen. Er kann auch nicht dafür sorgen, daß sie gerecht sind. Das Problem besteht darin, daß Algorithmen Entscheidungen auf der Grundlage zahlreicher Datenpunkte treffen, während es dem Menschen schwer fällt, bewußt über eine große Anzahl von Datenpunkten nachzudenken und sie gegeneinander abzuwägen. Wir arbeiten lieber mit einzelnen Datenpunkten. Deshalb suchen wir bei komplexen Problemen – sei es ein Kreditantrag, eine Pandemie oder ein Krieg – oft nach einem einzigen Grund, um uns dann für eine ganz bestimmte Vorgehensweise zu entscheiden und alle anderen Erwägungen zu ignorieren. Das ist der sogenannte Trugschluß der einzigen Ursache.“ (S.460)
„Was passiert also mit demokratischen Debatten, wenn Millionen – und am Ende vielleicht Milliarden – hochintelligenter Bots nicht nur äußerst überzeugende politische Manifeste verfassen und gefälschte Bilder und Videos erstellen, sondern auch unser Vertrauen und unsere Freundschaft gewinnen können?… Früher konnten politische Parteien unsere Aufmerksamkeit auf sich lenken, aber sie hatten Schwierigkeiten, massenhaft Intimität zu erzeugen. Rundfunkgeräte konnten die Rede eines Politikers an Millionen Menschen übertragen, aber sie konnten sich nicht mit den Zuhörern anfreunden. Heute könnte eine politische Partei oder sogar eine ausländische Regierung eine ganze Armee von Bots zum Einsatz bringen, die sich mit Millionen von Bürgern anfreunden und diese Vertrautheit dann nutzen, um deren Weltbild zu beeinflussen, Und schließlich nehmen Algorithmen nicht nur am Gespräch teil, sondern sie steuern es zunehmend. Soziale Medien ermöglichen es neuen Gruppen von Menschen, die alten Debattenregeln in Frage zu stellen. Doch die Verhandlungen über die neuen Regeln werden nicht von Menschen geführt. Wie wir gesehen haben, sind es vielmehr oft die Algorithmen, die die Regeln definieren. Wenn Medienmogule im 19. und 20. Jahrhundert manche Ansichten zensierten und andere förderten, mag dies die Demokratie untergraben haben, aber zumindest waren die Mogule Menschen, und ihre Entscheidungen konnten einer demokratischen Prüfung unterzogen werden. Weitaus gefährlicher ist es, wenn wir undurchschaubaren Algorithmen erlauben zu entscheiden, welche Ansichten verbreitet werden.“ (S.472)
„Wenn Demokratien jedoch tatsächlich untergehen sollten, dann wahrscheinlich nicht aufgrund einer technischen Zwangsläufigkeit, sondern aufgrund des menschlichen Versagens bei der vernünftigen Reglementierung der neuen Technologie. Wir können nicht vorhersagen, wie sich die Dinge entwickeln werden. Gegenwärtig steht allerdings fest, daß das Informationsnetzwerk vieler Demokratien zusammenbricht. In den Vereinigten Staaten können sich Demokraten und Republikaner nicht einmal mehr auf grundlegende Fakten verständigen – etwa darauf, wer die Präsidentschaftswahlen 2020 gewonnen hat – und sie können kaum noch ein zivilisiertes Gespräch führen. Die parteiübergreifende Zusammenarbeit im Kongreß, einst zentrales Merkmal der amerikanischen Politik, ist fast völlig verschwunden. Gleiches gilt für viele anderen Demokratien, von den Philippinen bis hin zu Brasilien. Wenn die Bürger nicht miteinander reden können und sich gegenseitig als Feinde und nicht als politische Rivalen betrachten, ist die Demokratie hinfällig.“ (S.476)
„In ähnlicher Weise könnten Terroristen, die sich auf Ereignisse in einem Winkel der Welt fokussieren, die KI nutzen, um eine globale Pandemie auszulösen. Die Terroristen kennen sich in apokalyptischer Mythologie vermutlich besser aus als in der Wissenschaft der Epidemiologie, aber sie müssen nur das Ziel vorgeben, alles andere wird von ihrer KI erledigt. Die KI könnte einen neuen Krankheitserreger synthetisieren, ihn in kommerziellen Laboren bestellen oder in biologischen 3D-Druckern fertigen und die besten Strategien entwickeln, um ihn über Flughäfen oder Nahrungsmittelversorgungsketten über die ganze Welt verbreiten. Was wäre, wenn die KI ein Virus synthetisiert, das so tödlich ist wie Ebola, so ansteckend wie Corona und so langsam wirkt wie Aids? Bis die ersten Opfer sterben und die Welt von der Gefahr gewarnt wird, könnten die meisten Menschen auf der Erde bereits infiziert sein.“ (S.496)
„2017 veröffentlichte die chinesische Regierung ihren ‚New Generation Artificial Intelligence Plan‘, in dem verkündet wurde: „Bis 2030 sollen Chinas KI-Theorien, KI-Technologien und KI-Anwendungen ein weltweit führendes Niveau erreichen und China zum wichtigsten KI-Innovationszentrum der Welt machen.“ In den Folgejahren investierte China enorme Ressourcen in die KI, so daß es Anfang der 2020er Jahre bereits in mehreren KI-bezogenen Bereichen international führend ist und in anderen Bereichen zu den Vereinigten Staaten aufschließt. Natürlich war die chinesische Regierung nicht die einzige, die die Bedeutung künstlicher Intelligenz erkannte. Am 1. September 2017 erklärte der russische Präsident Putin: „Künstliche Intelligenz ist die Zukunft, nicht nur für Rußland, sondern für die gesamte Menschheit… Wer in diesem Bereich führend wird, wird der Herrscher der Welt sein.“ Im Januar 2018 äußerte der indische Präsident Modi ebenfalls, daß „derjenige, der die Daten kontrolliert, die Welt kontrollieren wird“. Im Februar 2019 unterzeichnete der amerikanische Präsident Trump eine Executive Order zu KI, in der es hieß: „Das Zeitalter der KI ist angebrochen.“ Und: „Die dauerhafte Führungsgrolle im Bereich der künstlichen Intelligenz ist von größter Bedeutung für die Wahrung der wirtschaftlichen und nationalen Sicherheit der Vereinigten Staaten.“ Zu diesem Zeitpunkt führten die Vereinigten Staaten das Wettrennen künstlicher Intelligenz bereits an, vor allem dank der Bemühungen visionärer Privatunternehmer. Doch was als kommerzieller Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen begann, entwickelte sich zu einem Wettstreit zwischen Staaten, oder vielleicht besser gesagt zu einem Rennen zwischen konkurrierenden Teams, die jeweils aus der Regierung und mehreren Unternehmen bestanden. Der Preis für den Sieger? Die Weltherrschaft.“ (S.506)
„Während des Kalten Krieges war der Eiserne Vorhang vielerorts buchstäblich aus Metall: Stacheldraht trennte ein Land vom anderen. Jetzt wir die Welt zunehmend durch den Silicon Curtain geteilt. Dieser Silizium-Vorhang besteht aus Software, und er verläuft durch jedes Smartphone, jeden Computer und jeden Server auf dieser Welt. Die Software auf Ihrem Smartphone bestimmt, auf welcher Seite des Silicon Curtain Sie leben, welche Algorithmen Ihr Leben steuern, wer Ihre Aufmerksamkeit kontrolliert und wohin Ihre Daten fließen. Es wird immer schwieriger, auf Informationen auf der anderen Seite des Silicon Curtain zuzugreifen, etwa zwischen China und den Vereinigten Staaten oder zwischen Rußland und der Europäischen Union. Hinzu kommt, daß die beiden Seiten zunehmend in unterschiedlichen digitalen Netzen arbeiten und unterschiedliche Software verwenden… In China kann man Google und Facebook nicht nutzen und hat keinen Zugang zu Wikipedia. In den Vereinigten Staaten nutzen nur wenige Menschen WeChat, Baidu und Tencent. Noch wichtiger ist, daß sich die Sphären nicht spiegelbildlich entsprechen. Es ist nicht so, daß Chinesen und Amerikaner lokale Versionen der gleichen Apps entwickeln. Baidu ist nicht das chinesische Google. Alibaba ist nicht das chinesische Amazon. Sie haben jeweils unterschiedliche Ziele, unterschiedliche digitale Architekturen und unterschiedliche Auswirkungen auf das Leben der Menschen. Diese Unterschiede beeinflussen einen Großteil der Welt, da die meisten Menschen eher auf chinesische und amerikanische Software als auf lokale Technologien setzen.“ (S.513)
„Eine Gesellschaft, die Identitäten im Sinne von biologischen Körpern versteht, würde sich vermutlich stärker um materielle Infrastrukturen wie Abwasserleitungen kümmern oder um das Ökosystem, das unsere Körper erhält. Sie wird die Online-Welt als Unterstützung für die Offline-Welt betrachten, die verschiedenen sinnvollen Zwecken dienen kann, aber niemals zum zentralen Schauplatz unseres Lebens werden darf. Ihr Ziel wäre es, ein ideales physisches und biologisches Reich zu schaffen – das Reich Gottes auf Erden. Im Gegensatz dazu könnte eine Gesellschaft, die biologische Körper geringschätzt und sich auf Online-Identitäten konzentriert, durchaus versuchen, ein immersives Reich Gottes im Cyberspace zu schaffen, und dabei das Schicksal rein materieller Dinge wie Abwasserkanäle und Regenwälder außer Acht lassen.“ (S.522)
„Was passiert zum Beispiel, wenn die amerikanische Sphäre den Körper geringschätzt, den Menschen über seine Online-Identität definiert, KI als Person anerkennt und die Bedeutung des Ökosystems herunterspielt, während die chinesische Sphäre gegenteilige Positionen vertritt? Im Vergleich dazu werden gegenwärtige Meinungsverschiedenheiten über die Verletzung von Menschenrechten oder der Einhaltung ökologischer Standards unbedeutend erscheinen. Der Dreißigjährige Krieg – der wohl verheerendste Krieg in der europäischen Geschichte – wurde zumindest zum Teil deshalb geführt, weil sich Katholiken und Protestanten nicht auf Lehren wie sola fide einigen und darauf verständigen konnten, ob Christus nun Gott, Mensch oder beides war. Könnte es in Zukunft zu Konflikten kommen, weil man sich über KI-Rechte und die nonbinäre Natur von Avataren streitet?“ (S.523)
“Der Kalte Krieg war wie ein hyperrationales Schachspiel, und die Gewissheit der Zerstörung im Falle eines Atomkonflikts war so groß, daß der Wunsch, einen Krieg vom Zaun zu brechen, entsprechend gering war: Bei der Cyber-Kriegsführung fehlt diese Gewissheit. Niemand weiß mit Sicherheit, wo die jeweils andere Seite ihre Logikbomben, Trojaner und Malware platziert hat. Niemand kann sicher sein, ob die eigenen Waffen tatsächlich funktionieren, wenn sie eingesetzt werden. Werden chinesische Raketen auf Befehl abgefeuert, oder haben die Amerikaner sie vielleicht gehackt oder die Befehlskette manipuliert? Werden amerikanische Flugzeugträger wie erwartet funktionieren, oder werden sie sich vielleicht auf mysteriöse Weise abschalten oder nur noch im Kreis herumfahren? Eine solche Ungewissheit untergräbt die Doktrin der Abschreckung. Eine Seite könnte – ob zu Recht oder Unrecht – davon überzeugt sein, daß sie einen erfolgreichen Erstschlag durchführen und massive Vergeltungsmaßnahmen vermeiden kann. Schlimmer noch: Wenn eine Seite glaubt, eine solche Chance zu haben, könnte die Versuchung des Erstschlags unwiderstehlich werden, weil man nie weiß, wie lange das Zeitfenster offen bleibt. Die Spieltheorie besagt, daß die gefährlichste Situation in einem Wettrüsten die ist, in der eine Seite glaubt, im Vorteil zu sein, dieser Vorteil aber schwindet. Selbst wenn die Menschheit das Worst-Case Szenario eines globalen Krieges vermeidet, könnte der Aufstieg neuer digitaler Imperien die Freiheit und den Wohlstand von Milliarden Menschen gefährden. Die Industrieimperien des 19. und des 20. Jahrhunderts haben ihre Kolonien ausgebeutet und unterdrückt, und es wäre töricht, davon auszugehen, daß sich die neuen digitalen Imperien wesentlich besser verhalten werden. Außerdem ist es, wie bereits erwähnt, unwahrscheinlich, daß die Menschheit, wenn die Welt in rivalisierende Imperien aufgeteilt ist, effektiv zusammenarbeitet, um die ökologische Krise zu bewältigen oder die künstliche Intelligenz und andere disruptive Technologien wie das Bioengineering zu regulieren.“ (S.526)
„In meinen eigenen Gesprächen über KI mit Politikern und Technologieunternehmern war die Geschichte oft ein zentrales Thema. Einige meiner Gesprächspartner zeichneten ein rosiges Bild der Historie und waren entsprechend begeistert von KI. Sie argumentierten, daß mehr Information schon immer mehr Wissen bedeutet habe und daß jede frühere Informationsrevolution durch die Vermehrung unseres Wissens der Menschheit großen Nutzen gebracht habe. Hat nicht die Revolution des Buchdrucks der wissenschaftlichen Revolution den Boden bereitet? Haben nicht Zeitungen und Rundfunk den Aufstieg der modernen Demokratie ermöglicht. Die KI werde ähnliche Möglichkeiten eröffnen, so der Tenor. Andere sahen die Sache etwas düsterer, äußerten aber dennoch die Hoffnung, daß sich die Menschheit irgendwie durch die KI-Revolution wursteln werde, so wie wir uns auch durch die Industrielle Revolution gewurstelt haben. Für mich war keine der beiden Sichtweisen besonders tröstlich. Aus den in den vorangegangenen Kapiteln erläuterten Gründen finde ich solche historischen vergleiche mit der Revolution des Buchdrucks und der Industriellen Revolution eher beunruhigend, vor allem, wenn sie von Leuten in Machtpositionen kommen, die auf Grundlage dieses Geschichtsverständnisses Entscheidungen über unsere Zukunft treffen. Historische Vergleiche dieser Art unterschätzen nämlich sowohl den beispiellosen Charakter der KI-Revolution als auch die negativen Aspekte frühere Revolutionen. Zu den unmittelbaren Folgen der Revolution des Buchdrucks gehörten neben wissenschaftlichen Entdeckungen auch Hexenjagden und Religionskriege, während Zeitungen und Radio sowohl von totalitären Regimen als auch von Demokratien genutzt wurden. Die Anpassung an die Industrielle Revolution ging mit katastrophalen Experimenten wie dem Imperialismus und dem Nationalsozialismus einher: Wenn uns die KI-Revolution zu ähnlichen Experimenten verleitet, können wir uns dann wirklich darauf verlassen, daß wir uns auch diesmal schon irgendwie durchwursteln werden?“ (S.542)
„Die Erfindung der KI ist potenziell bedeutsamer als die Erfindung des Telegraphen, des Buchdrucks oder sogar der Schrift, denn die KI ist die erste Technologie, die in der Lage ist, selbständig Entscheidungen zu treffen und Ideen zu entwickeln. Während Druckerpressen und Pergamentrollen neue Möglichkeiten boten, Menschen miteinander zu verbinden, sind KIs vollwertige Mitglieder unserer Informationsnetzwerke, die über eigene Handlungsmöglichkeiten verfügen. In den kommenden Jahren werden alle Informationsnetzwerke – von Armeen bis zu Religionen – Millionen neuer KI-Mitglieder gewinnen, die ganz anderes mit Daten umgehen als wir Menschen. Diese neuen Mitglieder werden anders geartete Entscheidungen treffen und anders geartete Ideen entwickeln, das heißt Entscheidungen und Ideen, auf die Menschen wahrscheinlich nicht kommen. Dieser Zuwachs an andersartigen Akteuren wird zwangsläufig die Form von Armeen, Märkten und Nationen verändern. Ganze politische, wirtschaftliche und soziale Systeme könnten zusammenbrechen, und neue werden an ihre Stelle treten. Deshalb sollte künstliche Intelligenz auch für all jene Menschen von größter Dringlichkeit sein, die sich nicht für Technologie interessieren und glauben, daß die wichtigsten politischen Fragen das Überleben der Demokratie oder die gerechte Verteilung des Wohlstands betreffen… Als Kirchenväter wie Bischof Athanasius beschlossen, den ersten Brief des Apostels Paulus an Timotheus in den biblischen Datensatz aufzunehmen und die Akten des Paulus und der Thekla wegzulassen, haben sie die Welt für Jahrtausende geprägt. Milliarden von Christen haben ihr Weltbild bis ins 21. Jahrhundert hinein auf die frauenfeindlichen Ideen des Timotheus-Briefs und nicht auf die tolerantere Haltung der Akten von Paulus und Thekla gestellt… Die heutige Entsprechung zu Bischof Athanasius sind die Ingenieure, die den ersten Code für die künstliche Intelligenz schreiben und den Datensatz auswählen, mit dessen Hilfe das KI-Baby trainiert wird. In dem Maße, in dem die KI an Macht und Autorität gewinnt und vielleicht zu einer sich selbst interpretierenden heiligen Schrift wird, könnten die von den heutigen Ingenieuren getroffenen Entscheidungen über Jahrhunderte hinweg nachhallen.“ (S.545)
„Kehren wir nun zu der Frage zurück, die ich zu Beginn dieses Buches gestellt habe: Wenn wir so weise sind, warum sind wir dann so selbstzerstörerisch? Wir sind gleichzeitig die klügsten und die dümmsten Tiere der Welt. Wir sind so klug, daß wir Atomraketen und super intelligente Algorithmen hervorbringen. Und wir sind so dumm, daß wir mit der Produktion dieser Dinge weitermachen, obwohl wir nicht sicher sind, ob wir sie beherrschen können, und obwohl wir uns selbst vernichten könnten, wenn uns dies nicht gelingt. Warum tun wir das? Zwingt uns etwas in unserer Natur dazu, den Weg der Selbstzerstörung zu gehen?“ (S.548)
Ja, mein lieber und hoch geschätzter Yuval Noah Harari, genau das frage ich mich auch schon seit gut 35 Jahren, nachdem ich meine Pubertät hinter mir gelassen habe, warum sind wir Nacktaffen eigentlich so scheiße, wo wir doch eigentlich so intelligent sind? Ich kam dann im Laufe der gelebten Jahrzehnte auf die Theorie, die ich im Frühjahr letzten Jahres auch in meinem ganz persönlichen Apokalypse-Blog auf die Öffentlichkeit losgelassen habe, nämlich daß mindestens 80% von uns einfach komplette Vollidioten sein müssen bzw. sind und einer wirklich schlauen künstlichen Intelligenz logisch betrachtet letztendlich nichts anderes übrigbleiben müßte, als uns abzuschaffen. Und du kannst mir glauben daß ich ganz besonders schmunzeln mußte, als ich mir vor ein paar Wochen die Motörhead Dokumentation ‚The Bronze Era‘ reingezogen hab`, in der Lemmy Kilmister, eine der coolsten Säue, die jemals diesen Planeten mit ihrer Existenz beehrt haben, in einem Interview auf die Frage ‚What do you expect for the future of mankind?‘ folgendes zu sagen hatte: „Awful terror, unnecessary violence, unmitigated hell. (‚unmitigated‘ mußte ich auch nachschlagen, heißt hier so viel wie ‚totale Hölle‘ – Anm.d.Verf.) We`re all gonna go down in a soup made of ourselves. And we all got a wooden spoon… The human race is stupid. Human race has alwas been stupid. And the intelligent people would never get the hearing, the stupid people you listen to, always.“
Danke, Lemmy, einmal mehr für alles! Und wer will, kann sich jetzt zum fast nahenden Ende dieser Nachwehen mal wieder ‚God was never on your side‘ von eben Motörhead reinziehen, diese großartige Hymne mitsingen und sich dafür abfeiern, nicht zu den mindestens 80% Vollidioten dieser Erde zu gehören, die zum Beispiel an irgendeine Art Gott oder Religion glauben. Wie @hischannelisdecomissioned schon in den Kommentaren da drunter schreibt, was ich gerade zufällig beim Runterscrollen entdeckt habe. Achtung, ist was zum Nachdenken: „Men create gods, and that speaks volumes about why gods behave the way they do.“
So, Herrgott, es tut mir jetzt extrem leid, Freunde, aber ich bin noch nicht ganz fertig mit meinen Nachwehen, obwohl der Hörsaal ja bereits ein weiteres Mal von mir erfolgreich leergefegt wurde, oder hört noch jemand zu da draußen?…. Stille… hab` ich mir gedacht. Egal, ich scheiß` den letzten Kack jetzt auch noch aus meinem Hirn, ganz nach dem immer wieder kehrenden Mantra ‚Bücher, die mir so zugeflogen sind‘. Denn meine Droogs Oli und Patman haben mir zum Geburtstag im September das zweite Buch von Bad Religion Sänger Greg Graffin geschenkt, ‚Population Wars – A new perspective on competition and coexistence‘, was ich mir in den letzten Monaten auch noch verinnerlicht habe. Was gar nicht so einfach war, denn hier kriegst du es (in Englisch) mit geballter Fachsprache zu tun und daß Greg`s Vokabular an sich und generell schon zu den ganz großen gehört, wissen wir nicht erst nach über 250 Bad Religion Songs, woll!?
Wie fasse ich denn nun noch dieses Buch am besten für euch zusammen, welches im Endeffekt nur noch einmal alles unterstreicht, was ich seit dem Beginn meines Apokalypse-Blogs sagen will? Nämlich daß wir uns zu oft in unserer eigenen Evolution überholt haben und letztendlich nur Opfer unserer eigenen Existenz sind. Im Gegensatz zu mir kann Mr. Graffin allerdings das Ganze evolutionsbiologisch untermauern, um nicht ‚beweisen‘ zu sagen. Aber wenn mensch dem heutigen Kenntnisstand der Wissenschaft Glaubens schenken darf, dann beweist er das damit auch, und ich glaube an Wissenschaft, denn ohne sie wären wir nicht da, wo wir sind. Punkt.
Lassen wir mal die KollegenInnen von Litreactor.com die Erkenntnis auf den Punkt bringen, um die es in diesem Buch geht, das können die gerade besser als ich, ich übersetze euch das dafür jetzt aus dem Englischen: „Die neo-darwinistische Idee vom ‚Überleben des Stärkeren‘ hat dazu geführt, daß wir glauben, daß Krieg ein nicht vermeidbarer und sogar zu akzeptierender Teil des Lebens ist. Modernes wissenschaftliches Denken bietet jedoch Alternativen. Es ist Kooperation und Koexistenz, was die Ausbreitung einer Spezies sichert, nicht Konkurrenzkampf.“ Nun, das klingt so logisch wie nur irgendwas, würde ich sagen, findet aber leider seit Jahrtausenden nicht statt. Deswegen ist Reisen und die Kenntnis unserer Welt ja auch so wichtig, denn wie schrieb schon Baron de Montesquieu in seinen Persischen Briefen? „Erst in der Fremde erweist sich, wie buntscheckig die Welt ist… und das Wissen um die Vielschichtigkeit der Welt ist Garant für das Zusammenleben.“
Ich werde jetzt bis auf Weiteres wie oben bei Yuval`s Buch ‚Nexus‘ einfach die mir wichtigen Textpassagen dieses Werkes chronologisch auf euch loslassen, und weil ich weiß, daß sich das auf Englisch noch weniger Leute durchlesen würden als gar keine, übersetze ich höchstpersönlich euch das ins Deutsche. Die abgetippten englischen Passagen findet ihr dann ganz unten am Ende meiner Apokalypse-Nachwehen als Quellen. Und wer glaubt, nach einer Rezension von ‚Nexus‘ hätte ich diese Übersetzung eine künstliche Intelligenz machen lassen, hat mir zwischendurch nicht richtig zugehört. Aber das „Tolle“ dabei ist, kein Schwein auf dieser Erde kann mir mehr beweisen, daß es ich es nicht doch vom Computer habe übersetzen lassen. Also glaubt`s mir oder leckt mich am Arsch, Übersetzen hilft ja verstehen, und auch was in diesem Buch steht, sollte mensch unbedingt verstehen! Und wissen!!!
„Hier gibt es also eine neue Perspektive auf das uralte Credo von ‚Überleben des Stärkeren‘. Greg Graffin erklärt uns, warum Koexistenz und nicht Konkurrenzkampf die Evolution am Laufen hält, und untermalt das mit biologischen, ökonomischen und ökologischen Beispielen, von Bakterien in Abwasserrohren zu den amerikanischen Ureinwohnern während des Bürgerkriegs. Er stellt dar, daß je mehr die Wissenschaft von dem gemeinsamen Ursprung jeglichen Lebens lernt, wir umso verbundener werden und Konflikte umso weniger Sinn machen. Homo sapiens ist ein Produkt von allem, was davor existiert hat, und ist wie alles ein symbiotisches Ökosystem, mit allen Mikroben, die in unseren Innereien leben, und allen Viren in unser DNA. Keine Population wurde jemals ausgelöscht, sondern eher angepaßt, weswegen langfristiger Konkurrenzkampf untragbar ist und Kriege niemals gewonnen werden können.“ (Litreactor.com)
Dazu wird ausführlich erklärt, daß wir keinen eigenen Willen haben, weil wir ein Produkt unserer Gene und der Umstände sind, unter denen wir groß geworden sind und in denen wir uns gerade befinden. Diese These – ganz frech dargestellt als Fakt – geht ganz klar in die Richtung von Harari`s simpler und unanfechtbare Feststellung, daß wir Menschen aus nichts anderem bestehen als aus Molekülen, Hormonen und Neuronen, weswegen auch bis heute nicht bewiesen werden konnte, daß es so etwas wie eine Seele gibt. Populationen jeder Art – und wir haben immerhin alle den gleichen allerersten ursprünglichen Ursprung! – haben sich schon immer bekriegt und wir sind die einzige von allen, die das Ganze steuern könnte und müßte. Aber offensichtlich können wir das dann doch nicht, von wollen ganz zu schweigen.
Nicht einmal bringt Greg es in seinem Buch deutlich auf den Punkt, daß wir mit unserem exponentiellen Wachstum so nicht weiter machen können, aber letztendlich sagt das gesamte Buch nichts anderes aus als das und wurde genau dafür geschrieben. Mir klang der Gute für einen Punkrocker und Vollblut-Naturalisten zwischendurch immer noch ein bißchen zu hoffnungsvoll, bis ich dann geahnt habe, daß das Buch wie auch Alan Weisman`s ‚Countdown‘ schon zehn Jahre alt ist. So gesehen würde Greg heutzutage wahrscheinlich auch andere Töne anschlagen, nämlich so wie bei Bad Religion auf der Bühne und nicht wie an der Uni im Hörsaal, wo er diesen ganzen hochwertigen Kram unterrichtet, über den er hier schreibt. So schreibt er zwischendurch auch, Empathie bestehe u.a. darin zu versuchen, Menschen aufzuklären. Wissenschaftler können also zumindest durch diese Tatsache empathisch sein, denn darum geht es ihnen eben – Wissenschaft, da wird Wissen geschafft. Und nochmal zum Mitschreiben, ohne Wissenschaft wären wir nicht da, wo wir sind, und ob das nun gut oder genial oder schlecht ist, muß jede(r) für sich selbst herausfinden und beurteilen.
Aber basierend auf Mathematik besteht unser einziges echtes Wissen ganz einfach auf den Gesetzen der – in unbestimmter Reihenfolge, denn, wenn wir über ‚Leben‘ sprechen, bewirken sie alle drei sich gegenseitig – Physik, Chemie und Biologie. Fertig, aus, alles andere ist philosophischer Humbug. Und wir funktionieren nur so, wie es jede andere Population tut, die es seit Beginn von Leben auf der Erde vor gut 380 Milliarden Jahren gegeben hat. Wir wollen bestehen bleiben, und das tun wir, indem wir uns vermehren und bekriegen, nichts anderes findet in Flora und Fauna auch statt, obwohl es dort unzählige Symbiosen gibt. Aber weil wir ein Produkt unserer Umstände sind und uns auf sowas offensichtlich nicht einlassen (können), ist es gut möglich, daß wir wie 99,99 Prozent aller Populationen, die es jemals gegeben hat, aussterben werden.
Das waren jetzt meine eigenen Worte, wollt ihr nochmal hören, was jemand wie die großartige Kinderbuchautorin Astrid Lindgren dazu zu sagen hat? Das hab` ich aus einer Rede abgetippt, die sie 1978 anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels gehalten hat. Und wo mir das schon wieder zugeflogen ist? Bei meinem Main Män Asche an Bord der Albin Köbis, wo ich letztens `ne Woche beim Renovieren ausgeholfen habe, im Bücherregal, Bücher, die mir so zufliegen halt. Also hört genau hin, ist übrigens auch schon knapp 40 Jahre alt diese Schrift: „Wahren Frieden gibt es nicht auf unserer Erde und hat es auch nie gegeben, es sei denn als Ziel, das wir offenbar nicht zu erreichen vermögen. Solange der Mensch auf dieser Erde lebt, hat er sich der Gewalt und dem Krieg verschrieben, und der uns vergönnte, zerbrechliche Friede ist ständig bedroht… Wir alle wissen, daß ein neuer Weltkrieg keinen von uns verschonen wird, und ob ich unter einem neutralen oder nicht neutralen Trümmerhaufen begraben liege, das dürfte kaum einen Unterschied machen. Müssen wir uns nach diesen Jahrtausenden ständiger Kriege nicht fragen, ob der Mensch nicht vielleicht schon in seiner Anlage fehlerhaft ist? Und sind wir unserer Aggression wegen zum Untergang verurteilt? Wir alle wollen ja den Frieden. Gibt es denn da keine Möglichkeit, uns zu ändern, ehe es zu spät ist? Könnten wir es nicht vielleicht lernen, auf Gewalt zu verzichten?“
Im Endeffekt wird das, was Astrid hier vermutete (oder resignierend feststellte) in Greg Graffin`s Buch wissenschaftlich bewiesen, zumindest hat meiner Recherche nach bisher noch niemand seine „Thesen“ angefochten. Das ist ja das Schöne an der Wissenschaft, die lebt nämlich davon, korrigiert, ausgebaut und erweitert zu werden, und vor allem das mit der ‚Korrektur‘ geht den handelsüblichen Religionen schon mal völlig ab. Ich vertraue eher Menschen wie Yuval Noah Harari oder Greg Graffin, die sich in Naturwissenschaften und vor allem Geschichte auskennen, denn was sind wir, wenn nicht Teil unserer Geschichte? Ob wir die nun selbst geschrieben haben oder nur Teil von ihr waren, spielt dabei keine allzu große Rolle…
Und dann muß ich ein paar Tage nach Alice Weidels Debakel mit Elon Musk in einem Artikel von Burkhard Ewert im Flensburger Tageblatt vom 17.1.2025 Folgendes lesen: „In einer Erhebung des Berliner Sozialismusforschers Klaus Schroeder vermochten deutsche Schüler in großer Zahl nicht den Unterschied zwischen Demokratie und Diktatur zu beschreiben. Jeder Dritte hielt die DDR für demokratisch, mancher die SED für eine soziale Partei. Nicht einmal jeder Zweite war sich sicher, daß es sich beim NS-Staat um eine Diktatur handelt. Wie auch, wenn Geschichtsunterricht kaum noch stattfindet, mit Ethik und Erdkunde fusioniert oder durch Politik ersetzt wird. Als mehr oder weniger eigenständiges Fach existiert ‚Geschichte‘ nach Angaben des Verbandes ihrer Lehrer nur noch in sieben von 16 Bundesländern. Der Unterschied der Fächer mag gering erscheinen. Aber Geschichte hat den Anspruch, die Welt und ihre Kulturen zu verstehen, wie sie sind bzw. waren. Politik hat im Unterschied die Neigung, eine Welt zu beschreiben, wie man sie gerne hätte. Geschichte zu lernen, fördert Toleranz, wie Eva Schlotheuber mir einmal sagte, als sie Vorsitzende des Historikerverbandes war. „Gerade in Zeiten der weltweiten Vernetzung ist es notwendig, nicht nur die eigenen Wurzeln verorten zu können, sondern auch die der anderen.““…
Da war ich mal wieder positiv überrascht, in unserer lokalen Tageszeitung steht also doch nicht nur belangloser Blödsinn. Andererseits war ich genauso schockiert, daß heutzutage Geschichtsunterricht scheinbar kein allzu hoher Stellenwert mehr beigemessen wird, was dann wiederum in Verbindung mit TikTok und Konsorten nicht unbedingt überrascht, daß die AfD gerade bei jungen Wählern derzeit voll angesagt ist. Das alles bestätigt (mir) in erster Linie eines, nämlich daß der Mensch sich und seine beschissene Menschheit gerade selbst abschafft. Somit also hier jetzt die für mich prägnantesten Passagen aus einem weiteren Buch, das ich nur allen empfehlen kann, die wie ich Fragen haben, warum die Welt so komplett aus dem Ruder gelaufen ist und sich nicht mehr wird einfahren lassen.
Es geht los auf Seite 13 mit ein paar Worten, die kein Mensch dieser Welt in irgendeiner Art und Weise anfechten kann (höchstens meine Übersetzung dazu): „Die wertvollste Sache, die jeder einzelne von uns intellektuell tun kann, ist zu verstehen, wie Populationen interagieren und sich gegenseitig beeinflussen. Populationen haben eine Tendenz zu bestehen. Es ist sinnlos, etwas anderes zu denken. Die Populationen, die du ausrotten willst, werden höchstwahrscheinlich fortbestehen, ob es nun Löwenzahn auf deinem Rasen ist oder feindliche Armeen, die um das Land wetteifern, das du begehrst, oder religiöse Fanatiker, deren Idiologie du verabscheust. Da keiner von uns irgendeine Kontrolle darüber hatte, unter welchen Umständen wir zusammengekommen sind, ist der einzige lebensfähige Weg nach vorne Kompromiß.“ (S.13) „Wenn wir die Kräfte verstehen wollen, die unsere Welt bestimmen, müssen wir verstehen, wie seit der Entstehung von Leben auf der Erde Populationen aneinandergeraten und Kompromisse eingegangen sind und bestanden haben.“ (S.32)
„In Anbetracht der Umstände, mit denen wir konfrontiert sind, können wir als Individuen wenig direkten Einfluß auf die Zukunft unserer Spezies nehmen. Aber wir können aus der ein oder anderen Lebenseinstellung wählen und versuchen, andere zu ihrem Vorteil zu belehren. Auf der einen Seite haben wir die Weltansicht der Imperialisten und alten westlichen Religionen, die im Grunde genommen sagen: Wir brauchen keine Rücksicht auf den Planeten nehmen, er war immer da und wird immer in der Obhut Gottes sein. Ressourcen sind dafür da, um aufs Letzte von uns ausgebeutet zu werden und wir sind verpflichtet, so weiterzugehen und uns zu vermehren. Da nicht alle gleich ernährt werden können, werden nur die fittesten Gewinner in dem ständigen Konkurrenzkampf von den Früchten genießen können. Die weniger fitten Verlierer werden unter Mangel leiden. Am Ende werden alle Gläubigen unabhängig von ihrem Lebensstatus mit einem unendlichen Leben danach in einem reichhaltigen Paradies belohnt werden. Auf der anderen Seite können wir eine moderne Weltansicht annehmen, in dem die Weisheit der Naturwissenschaften mit der Ethik der Nachhaltigkeit, wie sie die amerikanischen Ureinwohner in der Vergangenheit gelebt haben, verschmilzt. Das erfordert, daß wir unsere Abhängigkeit von den Wäldern und den Frischwasserreservoiren, die unsere Siedlungen umgeben, erkennen, nicht zur Verschwendung und für die Anhäufung von Wohlstand, sondern für unseren Lebensunterhalt und unsere Gesundheit. Wenn wir diesen Ansatz nutzen, können wir viel leichter mit anderen Populationen koexistieren und hinterlassen einen weitaus weniger unauslöschlichen Fußabdruck in den Gegenden, die wir bevölkern. Wenn wir uns einig sind, daß die Erhaltung unserer Spezies von allerhöchster ethischer Bedeutung ist, dann gibt es wohl keine bessere Weltanschauung anzunehmen als diese.“ (S.34)
Und was das angeht, also die Erhaltung unserer Spezies, sind wir uns doch hoffentlich alle einig, oder!? Sonst würden wir doch keine zuckersüßen Kinder mehr in diese gemeine Welt setzen… Ich mein`, es wird deutlich, was Greg uns mit diesen Worten sagen will, hoffe ich zumindest, wenn nicht einfach alles langsam nochmal lesen bitte! Denn was er uns aus der neutralen Sicht eines Biologen sagt ist: So geht es nicht weiter. Deswegen lesen wir mal weiter: „Wie kommen wir nun alle miteinander aus? Es kann nicht so schwierig sein, wie manche es scheinen lassen; die Natur ist voll von Spezies, die es trotz ihrer scheinbar unvereinbaren Bedürfnisse tun. Die Antwort für die Menschheit besteht darin, inmitten der Gemeinschaft von anderen Spezies, mit denen wir koexistieren, eine Rasse von erleuchteten Bürgern zu werden. Der erste Schritt, unser kollektives Gewissen zu schärfen, ist zu betrachten, wie Koexistenz erreicht wurde, in der natürlichen Welt und in der unbewußten Entfaltung der menschlichen Geschichte. Im Laufe der Geschichte waren wir in großartige Kompromisse involviert, ohne uns dessen bewußt gewesen zu sein.“ (S.57)
Wissen ist also und bekanntlich Macht, deswegen sind die Jedi-Ritter ja auch so tolle Wesen. Nicht weil Macht haben so toll ist, sondern weil es sich besser lebt, wenn mensch sich der Macht bewußt ist, die uns alle umgibt und das Universum zusammenhält. Schweife ich jetzt ab oder drehe ich bloß durch? Sowohl als auch würde ich sagen, also lassen wir lieber Greg noch ein paar weise Worte sagen: „Ganz simpel gesagt kann unsere Gesellschaft unterteilt werden in die, die etwas haben, und die, die nichts haben. Ich kann mich glücklich schätzen, zu den Habenden zu gehören, aber trotzdem fällt es mir leicht, mit den Nichthabenden zu sympathisieren. Ich weiß, daß meine Zukunft und ihre zusammenhängt und daß es wichtiger ist, Dinge für unsere gesamte Gesellschaft besser zu machen, als nur für mich und meine direkte Familie.“ (S.59)
„In den letzten 50 Jahren wurden wir dazu ermuntert, Bakterien als einen unsichtbaren Feind zu betrachten, einer der kontrolliert und der Gesundheit unserer Familie zuliebe vorzugsweise ausgemerzt werden sollte… Desinfektionsspray ist allgegenwärtig. Wir veranstalten einen vollständigen Krieg gegen eine unsichtbare Armee, nur was sich den Keimphobikern entzieht, ist, daß, wenn wir Chemikalien und Antibiotika gegen Mikroben einsetzen, wir nur einen Teil von ihnen töten. Einige Bakterienindividuen haben eine genetische Resistenz gegen das, was wir benutzen. Wenn auch nur eins von zehntausend Individuen die chemische Keule überlebt, kann es sich schnell wieder vervielfältigen, um die Anzahl der erlegten Population wieder aufzubauen. Die neue Generation von Mikroben wird dann resistent gegenüber den vorher benutzen Chemikalien sein, weil jedes Individuum von dem Vorfahren abstammt, daß die Dosis der chemischen Kriegsführung überlebt hat. Daraus entsteht ein sogenannter Superkeim – einer der resistent ist gegenüber jeglicher Form von Antibiotika oder „desinfizierenden“ Verbindungen.“ (S.92/93)
Hier unterstreicht Greg eindeutig meinen Hippie-Ansatz, den ich im Apokalypse-Blog versucht habe zu erklären, nämlich daß wir uns mit den unzähligen chemischen Produkten und Medikamenten und viel zu viel Hygiene mittel- bis längerfristig nur selbst schaden und auch unserem Körper damit nicht unbedingt gut tun. Das Krasse ist halt, wie das gesamte Leben auf dieser Erde und eigentlich sowieso alles, was wir als Menschen „kennen“, zusammenhängt, und wir uns dieser Zusammenhänge bewußt sein müssen, sonst können wir noch so sehr versuchen, sie zu bewahren. Klingt kompliziert, ist es auch, aber nicht unmöglich zu verstehen. Frage dich hier und jetzt nochmal, bist du 80 oder 20 Prozent?…
Und jetzt nochmal durch die Blume ein bißchen was zum Thema Überbevölkerung und menschlicher Blödheit: „Das Leiden durch Armut, Krankheiten, fehlende Bildung oder Drogen- und Alkoholproblemen vermehrt sich bei allen Gruppen von modernen Menschen, das ist vielleicht das unschönste Ergebnis von Bevölkerungswachstum. Wenn wir uns nur auf einen Aspekt menschlichen Lebens konzentrieren, die absolute Anzahl von leidenden Individuen, treffen wir auf die unweigerliche Wahrheit, und das immer wiederkehrende Thema dieses Buches: Wenn Populationen wachsen, ist ein Maß an Konflikt und Leiden unausweichlich. Daher sollte es unser oberstes Ziel sein, als eine zusammengewürfelte Gruppe Menschen von verschiedensten geschichtlichen Ursprüngen und ethnischen Wurzeln, die Verwüstungen durch Populationskriegen so gut zu mildern, wie wir können. Im Interesse der Verminderung von Leiden und um dadurch die Langlebigkeit unserer Spezies zu erhöhen. Als vorläufige Voraussetzung, um diese Ziele zu erreichen, muß das Bild von Krieg, gerechtfertigt durch die unsachgemäße Charakterisierung von Populationen, geändert werden.“ (S.190)
Wie ich weiter oben schon angesprochen habe, geht es Herrn Graffin in seinem Buch u.a. auch darum, daß wir uns mit dem Gedanken anfreunden, keinen freien Willen zu haben, was eigentlich total offensichtlich ist, wenn mensch mal genau drüber nachdenkt. Wären wir sonst an diesem Punkt kurz vor unserer eigenen Auslöschung? Ich mein`, die muß ja nicht übermorgen passieren, aber erdgeschichtlich gesehen wahrscheinlich noch diese Woche, denn wir tollen und ach so wichtigen Menschen sind nämlich erdgeschichtlich gesehen nichts weiter als ein kleiner Furz im Wind. Echt jetzt, guckt euch die Zahlen dazu an! Und wie gesagt, wären wir jetzt hier, wenn wir einen freien Willen hätten und nicht so handeln würden, wie es jede Population jemals ebenso getan hat? Zumindest wären es dann nicht so viele von uns, nä!? Zurück zu Greg:
„Ich glaube nicht, daß die Thematik von freiem Willen so kompliziert sein muß. Die Unwahrscheinlichkeit von freiem Willem kann durch die simplen Fakten der Evolutionstheorie verstanden werden. Wenn wir alle verwandt sind durch einen einzigen Ursprung, dann kommen unsere Eigenschaften von unseren Vorfahren. Von all den möglichen Vorfahren, die Menschen mit Großaffen verbinden, und den Vorfahren zu primitiven Säugetieren, und den Vorfahren zu Vierfüßlern (vierbeinige Tiere wie Reptilien), und den Vorfahren zu etwas Fischähnlichen, wo auf diesem Weg entwickelte sich etwas wie freier Wille als Eigenschaft? Gewissen ist nicht die Antwort. Es gibt viele lebende Spezies, die verschieden ausgeprägte Anzeichen von Gewissen zeigen, aber niemand schließt sie in die Diskussion über freien Willen ein. Wenn es nur um verschiedene Abstufungen bei der Freiheit von Bewegungen und Auswahl geht, können wir definitiv eine Abstufung dieser Eigenschaften bei lebenden Tieren sehen. Landechsen zum Beispiel sind als Kaltblüter gebunden an wärmere Habitate als Säugetiere. Heißt das, Säugetiere sind „freier“, wenn sie sich kältere Habitate aussuchen? Säugetiere haben Fell zur Isolation, das es ihnen ermöglicht, mit verschiedeneren Temperaturunterschieden klarzukommen als Reptilien. Aber das ist kein freier Wille, das ist Evolution von physiologischen Anpassungen, die eventuell eine Veränderung in der Anatomie von Gehirnen mit sich brachten. Säugetiere haben in der Regel größere Gehirne als andere Wirbeltiere (relativ zu ihrer Körpergröße), was ein grober Hinweis auf ihre Fähigkeit ist, „Entscheidungen zu treffen“. (S.218/219)
Und jetzt bitte nochmal ganz genau zuhören, denn dieser Absatz hat es in sich: „Jede einzelne Eigenschaft, die von Menschen ausgeführt wird, ist ein Produkt von Genen, embryonaler Entwicklung und der Umwelt. Sollte freier Wille real sein, muß er auch eine nachverfolgbare Eigenschaft sein, die sich über eine geologische Zeitspanne in unseren Vorfahren entwickelt hat, und Teil von evolutionärer Transformation… Es ist zum Beispiel gut möglich, daß Gewissen bloß ein Beiprodukt von Eigenschaften ist, die sich für größere Aufmerksamkeit oder Konzentration entwickelt haben.“ (S.220) „Intelligenz ist in dominierender Weise beeinflußt von Kultur und ihrer Wirkung auf die Entwicklung des Gehirns, das ist neuronale Selektion. Im Gegensatz zu Genen, kann Intelligenz daher dramatisch durch Erziehung und neue Erfahrungen verändert werden… Wie der Genetiker Richard Lewontin kurz und bündig bemerkt hat: „Die Gene für Intelligenz sind nie gefunden worden.“ (S.252)
Also das alles ist jetzt echt kein akademisches Kluggescheiße, sondern mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit einfach nur wahr, wenn mensch selbst mal genau drüber nachdenkt. Und wer das nicht will, kann ja nochmal hören, was Astrid Lindgren dazu zu sagen hat, die hat das Ganze nämlich nicht studiert, aber trotzdem verstanden, so schwer ist das nämlich alles auch gar nicht: „Die Intelligenz, die Gaben des Verstandes, mögen zum größten Teil angeboren sein, aber in keinem neugeborenen Kind schlummert ein Samenkorn, aus dem zwangsläufig Gutes oder Böses sprießt. Ob ein Kind zu einem warmherzigen, offenen und vertrauensvollen Menschen mit Sinn für das Gemeinwohl heranwächst oder aber zu einem gefühlskalten, destruktiven, egoistischen Menschen, das entscheiden die, denen das Kind in dieser Welt anvertraut ist, je nachdem, ob sie ihm zeigen, was Liebe ist, oder aber dies nicht tun.“ Genau, Astrid, ganz viel Liebe bitte von Anfang an, gerade in der embryonalen Phase, denn da werden die entscheidenden Weichen gestellt. Und ohne Liebe, und zwar nichts als Liebe, wird das alles nichts mit der Erziehung, dann haben die 80% ein weiteres Opfer in ihren Reihen.
Und ich hab` gut Töne spucken, so ganz ohne Nachwuchs, den ich niemals selbst erzogen habe, aber muß mensch das wirklich, um das Prinzip als solches zu verstehen? Und wenn wir dann nach der embryonalen Entwicklung die Lebensumstände neben den Genen als weiteres, drittes Kriterium für die Formung eines Individuums, in diesem Falle eines Kindes, nehmen, ja, dann sollten diese Lebensumstände am besten halbwegs stimmen. Nur bei welchen Familien ist das heute noch so? Bei welchen Familien sind denn die Lebensumstände noch sowas wie natürlich? Bei Hipstern aus der Vorstadt genauso wenig wie bei bettelarmen Großfamilien irgendwo in der Wüste. Dabei immer schön bedenken, daß eins der Hauptprobleme unserer Zivilisation ist, daß wir Menschen uns in unserer eigenen Evolution schon mehrfach selbst überholt haben, überrannt vielmehr. Wir sind einfach zu schnell für uns selbst mit unseren tollen technischen Errungenschaften, aber zum Glück haben wir ja jetzt technische und künstliche Intelligenz…
„Von einer rein natürlichen/evolutionären Perspektive sind Menschen nur eine weitere Spezies, ein biologischer „Unfall“, der sich langsam von affenähnlichen Vorfahren entwickelt hat. Mit dieser Perspektive können wir davon ausgehen, daß wir vermutlich so enden werden wie fast alle von unseren Vorfahren: Ausgestorben. Wir müssen im Hinterkopf behalten, daß Fossilienfunde zeigen, daß die meisten großen Säugetiere, so wie wir es sind, nur grob zwei Millionen Jahre gelebt haben, bevor sie ausgestorben sind. Wenn man die zwei Millionen Jahre alten Fossilien des Homo habilis mehr als Mensch denn als Affe betrachtet, sind wir bereits sehr alt. Vielleicht sind wir einfach durch das Gesetz des Durchschnitts schon verdammt nah an unserer Auslöschung.“ (S.222) Oder wie es im Refrain eines meiner allerliebsten Bad Religion Lieder lautet: „Modern man, pathetic example of earth`s organic heritage“…
„Wir sind die erste Spezies, die ein echtes Gewissen erreicht hat, die ihre eigene Existenz erkennt und darüber nachdenkt und Theorien für die Zukunft und unser eventuelles Schicksal entwickelt. Vielleicht sollte unser Ziel somit sein, uns mit der Tatsache anzufreunden, daß wir die Ausnahme und nicht die Regel sind, und uns deswegen auf die Langlebigkeit unserer Spezies zu konzentrieren… Wir müssen im Sinne von tausenden Generationen denken und nicht in der Lebensspanne von ein, zwei Generationen.“ (S.223) „Wenn wir uns dafür entscheiden, daß unsere Spezies einzigartig unter allen ist und daß wir oberste Priorität haben, muß unser Ziel sein, eine Ethik zur Bewahrung zu entwickeln, die der Langlebigkeit unserer Spezies in einem geologischen Zeitrahmen dient. Wenn wir uns darauf geeinigt haben, können wir darüber reden, was richtig und was falsch ist.“ (S.224)
Ich mein`, Leute, geht es noch sachlicher und trockener auf den Punkt gebracht!? Und das sind alles nicht unbedingt wirklich neue Erkenntnisse, oder!? Nur warum leben wir dann bloß nicht entsprechend? Mich eingeschlossen, meine Damen und Herren, mich eingeschlossen! „Tatsächlich ist es eine Last von Verantwortung, die mit unserer Erkenntnis kommt; wir sind die erste Spezies, die sich der Wichtigkeit bewußt ist, unsere Umwelt zu bewahren – im Interesse von anderen Spezies und unserer eigenen. (S.226)
„Nahezu alle Ereignisse von Massenaussterben gehen einher mit irgendeiner Art von atmosphärischer oder ozeanischer Störung. Unsere Spezies ist nicht immun gegen Auslöschung; wenn wir bestehen bleiben wollen, müssen wir unsere Notlage von einem wissenschaftlichen Standpunkt betrachten, genau wie wir die Notlage einer bedrohten Spezies berücksichtigen würden. Oder wie Biologen es ausdrücken könnten, wir müssen einen Weg finden, unser Fortbestehen als Teil einer evolutionären Einheit zu bewahren. Zu erkennen, daß wir unsere Atmosphäre und die Ozeane durch unsere eigene Industrie verpesten, zeigt, daß wir nicht nur unwissenschaftlich, sondern höchst dumm sind, wenn wir nicht alles in unserer Kraft stehende tun, um sie zu säubern.“ (S.241)
Danke, Greg, nochmal voll auf die Zwölf! ‚Supremely stupid‘ schreibst du hier auf Englisch, das gefällt mir, denn nichts anderes sind wir, weil wir tun ja nichts, um unsere Welt zu säubern. Einige ein ganz klitzekleines bißchen vielleicht, aber verschmutzen tun wir dabei alle trotzdem und reichlich, und was an sogenanntem ‚Umweltschutz‘ stattfindet, ist und bleibt global gesehen nun mal ein sprichwörtlicher Schiß. Wir haben ja auch ganz andere Prioritäten, nämlich in erster Linie uns, unsere Bequemlichkeit und unseren Fortschritt für noch mehr Bequemlichkeit… „Wir müssen nicht so weit in die Geschichte blicken, um lebensbedrohliche atmosphärische Störungen zu erkennen, wir erfahren heute gerade so einen Aufschwung. Aber es benötigt eine Veränderung im Fokus, um das zu erkennen. Genau wie die Sinnlosigkeit von scheinbar endlosen Wiederholungen von Kriegen in der Geschichte, sind wir, wie alle Organismen in der Biosphäre, Opfer unserer eigenen Überschwänglichkeit von ökologischer Überausbeutung.“ (S.243) Da kann mensch dann noch gut anschließen: „Sich mit Bedrohungen seitens der Umwelt auseinanderzusetzen, ist die eine Sache, die wir mit jeder Population, die jemals in knapp vier Milliarden Jahren Erdgeschichte existiert hat, gemeinsam haben.“ (S.255)
„Die Tatsache, daß wir damit fortfahren, unsere Population zu vergrößern, ist Fluch und Segen zugleich. Es zeigt, daß wir etwas richtig machen inmitten all diesem Aussterben von großen Säugetieren. Es deutet aber auch darauf hin, wie entscheidend es ist, die Beispiele zu beherzigen, die ich in diesem Buch benutzt habe, um uns daran zu erinnern, daß Menschen den gleichen Gesetzen von Bevölkerungszuwachs, Gleichgewicht und Aussterben unterliegen wie andere Spezies, wenn wir nicht aktiv unsere Population steuern.“ (S.251)
Also ganz klar, Greg Graffin`s Buch ist nichts anderes als ein Plädoyer für Frieden und für die Natur, denn ohne beides sehen wir ganz schön alt aus, wie wir auch schon in sieben Kapiteln Apokalypse-Blog gelernt haben sollten. Dazu kommt, daß, wenn wir uns das Ende der gerade oben zitierten Passage angucken, Greg natürlich auch erkannt zu haben scheint, daß wir unsere Population irgendwie steuern müssen, wenn wir überleben wollen, das unschöne Stichwort ‚Überbevölkerung‘, das niemanden interessiert. Wahrscheinlich ist Greg`s Buch mit der Erkenntnis, daß wohl weder du noch ich einen freien Willen besitzen (weil s.o.) auch das letzte Puzzleteilchen zu meinem ganzen Apokalypse-Blog und zu dem, wie ich die Welt verstehe nach allem, was ich erlebt, gesehen und vor allem auch gelesen habe.
Im Endeffekt bestätigt er (mir) ja nur, daß wir eben Opfer unserer eigenen Existenz sind und eben so blöd, daß wir den Weg gegangen sind und gehen, den Menschen wohl einfach gehen müssen, nämlich den einer jeden anderen Population auch. So kann ich vielleicht dann jetzt nach acht ätzenden Kapiteln Apokalypse auch tatsächlich besser Frieden schließen mit dem, was sich Leben und Menschheit nennt. Denn ob es nun 80% Vollidioten und 20% Menschen gibt, die ihr Gehirn wenigstens ein bißchen benutzen, ist letztendlich scheißegal. Wir als Menschheit sind wie alle anderen Tiere und Lebewesen auch ‚supremely stupid‘, da gibt es kein Gut und kein Schlecht. Das habe ich auch an keiner einzigen Stelle in acht Kapiteln behauptet, daß die 20%, die sich ihres Gehirns bewußt sind und es zumindest ansatzweise benutzen mögen, in irgendeiner Weise bessere Menschen wären, als die 80% Vollidioten. Wir sind nun mal alle gleich, schon immer gewesen, und genau deswegen sollten wir uns als Ganzes nehmen, als solches jedoch bloß nicht so und zu wichtig. Aber hey, wir handeln nur so, wie es von einer anständigen Population erwartet wird, außer den verschwindend wenigen, die gelernt haben zu koexistieren. Also eigentlich alle, außer wir, und wie alt wir denn werden, wissen wir spätestens im Grab… Und wenn uns nicht nuklearer Fallout odeer Ähnliches vernichtet, werden es in ein, zwei Generationen menschenunwürdige Lebensbedingungen sein, und ob bis dahin die ersten bemannten Raumfähren mit Supermann Elon zum Mars fliegen, um den bewohnbar zu machen, bleibt abzuwarten. Vorher dauert es nach dem Start erstmal gut zwei Jahre, bis mensch überhaupt dort angekommen ist, also nehmt auch genug Sprit für den Rückflug mit, woll!? Ach nee, bleibt lieber gleich da oben…
Vielleicht sollte ich dann wirklich mal zum Abschluß kommen mit meinen tollen Apokalypse-Nachwehen hier. Hmm, das hört sich ja so an, als wäre die Apokalypse erstmal vorbei und überstanden! Ich fürchte leider, meine Lieben, sie startet gerade erst voll durch, und noch geht`s uns allen ja ziemlich gut, zumindest hier in Mitteleuropa, deswegen sollten wir auch noch munter weiter Kinder in die Welt scheißen. Da fällt mir im Zusammenhang mit Fortpflanzung und Gutgehen noch ein geiles Zitat von dem amerikanischen Cartoonisten Jules Feiffer ein, mit dem ich mir dann nach allem hier nochmal selbstironisch auf die viel zu breiten Schultern klopfen möchte: „Sich heutzutage zu weigern, erwachsen zu werden, ist ein Zeichen von Reife.“
Hören wir beim Thema ‚Reife‘ dazu auch nochmal die größte aller Kinderbuchautorinnen, eine weise Frau mit Herz, Verstand und Mut, die große Astrid Lindgren: „Ich würde mir wünschen, daß wir nicht mehr so furchtbare Angst haben müßten. Frei zu sein von Not und Furcht… Klingt das nicht wunderbar? Das würde ich mir wünschen, aber ich weiß nicht, wie es Wirklichkeit werden soll. Es setzt voraus, daß wir aufhören, uns wie ein Haufen verängstigter Kinder zu benehmen, die sich gegenseitig aus reinem Schrecken die Augen auskratzen, es setzt voraus, daß wir uns mit ein wenig mehr Vertrauen einander nähern, daß Menschen und Nationen und Rassen endlich merken, daß die Erde unser aller Heim ist und daß wir versuchen müssen, uns einig zu sein. Ich würde mir wünschen, daß eine neue Art der Weisheit über uns käme, vor allem über unsere Anführer. Man würde ja so gerne versuchen zu glauben, daß diese Menschen, die das Schicksal der Welt in den Händen halten, besonders hervorstehende Exemplare der menschlichen Rasse sind, daß sie klüger und verständiger und besser als wir anderen sind, aber dann muß man ja einsehen, daß sie es nicht sind… Etwas mehr Weisheit und Güte – das würde uns allen guttun. Es bringt aber wohl nicht so viel, herumzusitzen und sich etwas für andere Menschen zu wünschen. Die richtige Art und Weise ist wohl, daß ein jeder bei sich selber anfängt…“
Unbedingt, liebe Astrid, genau darum geht es und nichts anderes wollte ich mit diesem Apokalypse-Blog aussagen, nämlich daß jede(r) bei sich selbst anfangen muß! Genau daran müssen die Menschen immer wieder erinnert werden und nützen tut es dann doch nichts. An anderer Stelle in ihrer Rede erwähnt Frau Lindgren noch den Punkt, daß es sie brennend interessieren würde, unter welchen Bedingungen eben jene Menschen, die für das Schicksal unserer Welt verantwortlich sind, aufgewachsen sind. Haben sie genug Liebe erfahren? Richtige innige Liebe ohne Wenn und Aber und Gott und so`n Scheiß? Was ist mit den Putins, Trumps und Netanjahus unserer Zeit? Also wenn die eine solch gute Kindheit hatten, freß` ich einen ganzen Hexenbesen. Irgendwas muß da schiefgelaufen sein und Wohlstand ist nicht gleich ‚gut‘, vergeßt das niemals! Frei nach Consolidated Skateboards: Stay pure, stay poor!
Und wer hier jetzt noch steht, sollte sich so wie ich noch einer weiteren Sache bewußt sein: Denn mir ist völlig klar, daß Mann sich mit so einem akademischen Palaver wie einem Apokalypse-Blog in acht Kapiteln keine Freunde macht, hauptsächlich schon mal weil die Allerwenigsten Muße oder Motivation haben, sich mit der traurigen Wahrheit auseinanderzusetzen, um dann in Gesprächen ansatzweise ahnen zu können, wo ich mich gedanklich seit ein paar Jahren bewege. Und ja, da ist sie wieder, diese unschlagbar überhebliche Fiehl`sche Arroganz, weil ich ja die Wahrheit gepachtet habe. Nun, das hab` ich überhaupt nicht, ich habe sie lediglich akzeptiert, sie ist für jeden da und zu haben, mensch muß sich nur mit ihr auseinandersetzen. Im Endeffekt waren das alles hier doch nur Denkanstöße, aber wenn mensch die alle zusammenfügt, kommt mensch vielleicht an sowas wie Durchblick ran. Der besteht nicht daraus, daß ein Mensch alles weiß oder erklären kann, aber wenn er oder sie die wesentlichen Zusammenhänge auf dieser Erde verstanden hat und ein paar wichtige wissenschaftliche Erkenntnisse akzeptiert, sollte es sich ein bißchen bewußter leben lassen und muß es einfach auch für das, was wir wohl ‚Gewissen‘ nennen. Das fehlt allerdings scheinbar den meisten Menschen genauso wie Empathie, deswegen verbinde ich ‚bewußt‘ im Allgemeinen mit ‚gut‘, wie in ‚Wir sind die Guten‘. Damit sind wir wieder bei Liebe, denn nur damit kann mensch ‚gut‘ sein, und wir müssen uns alle lieb haben, sonst wird das nämlich nix mit uns. Und damit meine ich natürlich uns Menschen in einer gesunden Umwelt, die wir nun mal zum Überleben brauchen. Und anstatt Kriege zu kämpfen, um „böse“ Menschen, Ideologien oder Krankheitserreger auszulöschen, müssen wir unsere gesamte Ethik dahin lenken, den fundamentalsten Faktor unserer Evolution und unseres Überlebens zu steuern, die Umwelt. (Der letzte Satz war jetzt nochmal von Greg, der kann`s einfach besser als ich…)
Jaja, ganz viel Klugscheißerei, aber mit Fundament bitte, woll!? Ich frag` mich auch immer, wenn ich mal wieder eins von diesen Büchern gelesen habe, was genau davon eigentlich hängengeblieben ist und ob ich den Inhalt wirklich verständlich jemand anderem erklären könnte. Das muß ich in dieser Form in der Regel verneinen, aber wenn es dann mal an Diskussionen geht, in denen ich mich über – wie mensch so schön sagt – Gott und die Welt unterhalte, schießt es irgendwie immer alles aus mir raus und den einen oder die andere habe ich in den letzten Jahren damit schon sprachlos diskutiert, um nicht zu sagen zum Schweigen gebracht. Mitnichten auf wissenschaftlichem Niveau, aber so daß Normalbürger wie ich das verstehen können. Und dabei bin ich inzwischen leider nicht mehr so oft überrascht, wie wenige Menschen sich überhaupt mit der ganzen Thematik auseinandersetzen und neugierig sind, das alles wenigstens versuchen zu verstehen.
Ich mein`, wie doof bin ich eigentlich, daß ich damit so viel Zeit und vor allem auch Lebensenergie verschwende? Denn der ganze Scheiß zieht einen psychisch echt runter, wovon euch meine wenigen übriggebliebenen Freunde ein Liedchen singen können. Stichwort Energie, runterziehen, ich hab`s so satt, ey! Mich und meinen verdammten kack Weltschmerz, der mir fast die Luft zum Atmen raubt. Aber leider passieren auch nicht besonders viele positive Highlights zur Zeit, was Umstände angeht, für die ich nichts kann, das gilt vor allem auch für mein persönliches Leben. Aber wo soll bei so viel negativer Energie auch Gutes herkommen? Ich leide unerträglich darunter und bin dementsprechend schlecht drauf und ziehe meine Freunde mit runter, was mich dann doppelt fertig macht. Und das Perverse ist ja, ich bin trotz allem ein scheiß positiver Mensch mit einer Menge guter Energie, gerade auch zum Abgeben. Aber das Leben gibt mir seit drei Jahren eigentlich nur noch auf die Fresse und ich muß jetzt bitte bald rauskriegen, ob ich mich gerade komplett selbst ausbremse oder ob es sich nur um die längste Pechsträhne meiner 49-jährigen Karriere als Leichtmatrose des Lebens handelt. Denn ich weiß sehr wohl, daß es sowas gibt, gute und schlechte Phasen.
Nun mußte ich kürzlich im Flensburger Tageblatt lesen, daß sich 49% der Schleswig-HolsteinerInnen einsam fühlen. Gut, ist ja schön, daß ich so mit dem Problem an sich nicht alleine dastehe, und mit meiner Verweigerung jeglicher sozialer Medien oder Kommunkikationsapplikationen habe ich da sicherlich auch einen erheblichen Teil Eigenschuld dran. Allerdings bin ich wohl vor allem durch mein ständiges Denken, welches sich offenbar ganz deutlich von dem abhebt, was andere Menschen so tagtäglich denken, 100% einsam. Ihr könnt euch nicht annähernd vorstellen, was für ein Einsiedlerleben ich hier in meiner Hütte in der Dollerupholz`schen Pampa durchlebe, gerade auch im Winter. Das ist zum Teil auch selbst auferlegt, aber ich bin hier in dieser erzkonservativen Bauernblase (und damit meine ich nicht unbedingt Landwirtschaft, denn die besteht hier fast nur noch aus Großbetrieben) so entsetzlich unterfordert, daß ich manchmal daran zweifel`, ob ich hier wirklich alt werden will. Scheiß Wetter zehn Monate im Jahr, scheiß ignorante und weltfremde Nachbarn, was will ich hier eigentlich den Rest meines Lebens? Ich würde hier so viel Gutes machen wollen, aber du rennst überall nur gegen sture stumpfe Wände, glaubt mal nicht, daß ich das nicht reichlich ausprobiert und erlebt habe. Und wir dürfen nicht vergessen, daß wir in einem Zeitalter leben, welches es so in dieser Form auch noch nie gegeben hat, was an sich natürlich auf jedes bisherige Zeitalter zutrifft. Aber ich denke, für uns Menschen war die Erfindung des Smartphones der vorletzte Sargnagel, den wir uns selbst reingekloppt haben, und nein, damit meine ich nicht, daß alle Menschen dumm sind, die ein Smartphone haben. Weil dumm sind wir doch eh alle, ey!
Das Ding ist, Smartphones als öffentlicher Alltagsgegenstand sind noch nicht mal eine Generation alt und dementsprechend noch lange nicht fertig in ihrer „Evolution“, und sehen wir nicht jetzt schon, was sie mit und aus uns gemacht haben? Ihr denkt, sie führen uns zusammen, aber mitnichten, sie treiben uns auseinander, weil Zusammenhalt und -leben, das wir beides mehr als alles andere brauchen in unseren heutigen Zeiten, findet anders statt als mit Emojis, nämlich durch gesprochene Sprache und dem Austausch von zwischenmenschlicher Energie. Und ihr könnt das alles gerne (weiterhin) als altmodische Hippie-Scheiße abstempeln, dann müßt ihr aber bitte mal anfangen und mir die Menschheit, das Universum und das gesamte Drama, das dahinter steckt, nochmal besser erklären als ich in acht Kapiteln.
Dazu vielleicht gerne nochmal ein paar weise Worte von einer Frau, in diesem Fall die Journalistin Dunja Hayali, die grundsätzlich angenehm auffällt, wenn sie den Mund aufmacht, hier zitiert aus dem Vorwort in dem Büchlein mit der Rede von Astrid Lindgren: „Wir müssen aufpassen, daß unsere Empathie vor lauter Technik und sozialen Medien nicht auf der Strecke bleibt. Wir müssen klarmachen, daß unser Engagement nicht nur durch Likes zum Ausdruck gebracht werden darf, sondern durch aktives Handeln und Hinschauen.“ Predige ich auch schon seit Jahren, Dunja, aber die Menschheit weiß es ja besser. Ich hab` auch noch was von Yuval Noah Harari, was hier gut hinpaßt, die richtig gebildeten Leute, können sich nämlich auch mit Schlußworten noch besser ausdrücken als ich: „Unter Menschen ist Voraussetzung für Kooperation nicht Ähnlichkeit, sondern die Fähigkeit, Informationen auszutauschen. Solange wir in der Lage sind, ein Gespräch zu führen, finden wir vielleicht eine gemeinsame Geschichte, die uns einander näherbringt. Immerhin hat genau das Homo sapiens zur dominierenden Spezies auf unserem Planeten gemacht.“ (S.527) „Demokratien sterben nicht nur, wenn sich die Bürger nicht mehr frei äußern können, sondern auch, wenn niemand mehr willens oder in der Lage ist, anderen zuzuhören.“ (S.203)
Ja, und wenn ich mir dann außer meinem persönlichen Umfeld mal unsere heutige Politik angucke, in der nicht mehr miteinander geredet wird, sondern nur noch gegenseitig aufeinander rumgehackt, mache ich mir wirklich Sorgen wegen den anstehenden Neuwahlen im Februar. Und wenn ich selbst als überzeugter Anarchist sage ‚Geht wählen, alleine nur um das Schlimmste zu verhindern!‘ ist mir trotzdem bewußt, daß es alles keinen Unterschied (mehr) macht, denn wir sind dem Untergang geweiht, daran bestehen gar keine Zweifel. Ich mein`, ich schreib` oft irgendwas mit ‚ich hatte Tränen in den Augen‘ usw., aber abgesehen davon, daß ich ein sehr sensibler und empathischer Mensch bin, bin ich wegen der ganzen Scheiße in den letzten Jahren nochmal extra nah am Wasser gebaut, das dürfte in den letzten acht Kapiteln vielleicht auch zu dir durchgedrungen sein. Jedenfalls werde ich, sollte ich der drohenden Privatinsolvenz nochmal entkommen und irgendwann vielleicht wieder ein paar Taler für Schabernack übrig haben, mir bei nächster Gelegenheit ‚Stop hope‘ auf den Arm tätowieren lassen, so im Stil des Star Wars Logos.
Denn ich habe keine Hoffnung mehr, sondern einfach nur noch Angst, obwohl ich ja so toll im Reinen mit mir bin, wie ich einst versucht habe zu erklären. Dann darf ich doch aber bitte trotzdem Angst vor Schmerz, Elend und Tod haben, oder nicht!? Und unser Untergang passiert ja auch nicht von heute auf morgen, mit unserem menschlichen Empfinden gefühlt schlittern wir ja noch halbwegs langsam in den Abgrund, und ein Atomkrieg löscht wahrscheinlich auch nicht alle auf einmal aus. Aber willst du in einer Welt danach leben? Wollen deine Kinder das? Schön, daß du sie nicht gefragt hast, da fühlt mensch sich gleich viel besser, oder!? Und auch wenn ich mir aufgrund fehlender Reaktionen halbwegs sicher sein kann, daß kein Schwein wirklich meinen Apokalypse-Blog gelesen hat, fand ich ein Zitat aus Greg Graffin`s Buch noch besonders toll, und zwar: „Ich nutze die Gelegenheit und das Privileg, daß mir zugehört wird, zu versuchen, das Publikum zu überzeugen, besorgte Bürger zu sein.“ (S.229) Oder vielleicht noch eine Zeile aus Astrid Lindgren`s Buch ‚Die Brüder Löwenherz‘: „Es gibt Dinge, die man tun muß, sonst ist man kein Mensch, sondern nur ein Häuflein Dreck.“
Endlich mal jemand, die es deutlich ausspricht. So möchte ich diese ganze Scheiße hier auch mit einem allerletzten Zitat von Yuval Noah Harari beenden, der so genial ist, daß mensch sogar aus seiner Danksagung am Ende seines Buches zitieren kann: „Schließlich geht der Dank an meine Leserinnen und Leser, die all diese Bemühungen lohnend machen. Ein Buch ist ein Nexus zwischen Autor und Leserschaft. Es ist ein Bindeglied, daß viele Köpfe miteinander vernetzt und das nur existiert, wenn es gelesen wird.“
In diesem Sinne, lest mehr (Bücher)!
Ich empfehle mich und verspreche für die Zukunft positivere Blog-Einträge,
Arne
P.S.: Wer jetzt noch ein schönes Lied zum Ausklang möchte, kann sich ja mal bei dem genialen Christian Steiffen und seinem Hit ‚Viva la Evolution‘ einklinken, rein textlich voll und ganz meine Hemdkragenweite…
Die Menschheit stirbt bald aus
Darum mach dir nichts d`raus
Irgendwann geht jeder Ofen einmal aus
Du kannst nichts daran ändern, dafür ist es zu spät
Du kannst nur dafür sorgen, daß es schneller geht
Also die Heizung aufgedreht und alle Lichter angemacht
Setz` ich mich ins Auto, fahre sinnlos durch die Nacht
Damit es endlich vorwärts geht, das wäre doch gelacht
Und bloß nicht zu viel nachgedacht
Guck` mal da vorn`, da ist es ja schon
Da kommt das Ende der Zivilisation
Die paar Jahre, was macht das schon
Viva Viva Viva la Evolution la Evolution
Ja, die Menschheit bringt sich selber um
Da sind wir also doch gar nicht so dumm
Gefahr erkannt Gefahr gebannt
Mensch, du hast es in der Hand
Mensch, du bist dumm faul und bequem
Mensch, du bist der Fehler im System
Mensch, du bist auch die Lösung des Problems
Also laßt uns zusammen untergeh`n
Ja, das ham` wir dann davon
Dann ist hier endlich Ruhe im Karton ja
(Refrain)
Hurra Hurra, da ist es ja schon
Da kommt das Ende der Zivilisation
Tausend Jahre, was macht das schon
Viva Viva Viva la Evolution
Wollt ihr den totalen Untergang
Total und radikal, als man sich`s vorstellen kann
Jeder kann was tun, kommt packt alle mit an
Und dann dauert`s nicht mehr lang
Ich weiß, das hatten wir uns anders vorgestellt, ja
Aber das ist ja nicht das Ende der Welt, nein
Hurra Hurra, da ist es ja schon
Da kommt das Ende der Zivilisation
Tausend Jahre, was macht das schon
Viva Viva Viva la Evolution
Hurra Hurra, da ist es ja schon
Da kommt das Ende der Zivilisation
Tausend Jahre, was macht das schon
Viva Viva Viva la Evolution
Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra
Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra Hurra
Hurra Hurra
P.P.S.:
Don`t be a henchman
Stand on your laurels
Do what no one else does
And praise the good of other men, for goodness` sake
And when everyone else in the world follows your lead
Although a cold day in hell it will surely be
That`s when the entire world shall live in harmony
Watch out…
(Greg Graffin)
Abgetippte Quellentexte aus ‚Population Wars‘:
The neo-Darwinian idea of Survival of the Fittest has led us to believe that war is an unavoidable and even acceptable part of life, but modern scientific thinking offers an alternative. It is cooperation and coexistence that ensures proliferation of a species, not competition. (Litreactor.com)
„‚Population Wars‘ offers a fascinating perspective on the age-old idea of Survival of the Fittest. Graffin explains why coexistence—not competition—is what drives evolution, citing biological, economic, and environmental examples, from pipe-dwelling bacteria to Native American populations during the revolutionary war. He posits that the more science learns of life’s shared ancestry, the more connected we become, and the less conflict makes sense. Homo sapiens are a product of everything that came before them, and are a symbiotic ecosystem, down to the microbes living in our guts and the viruses hidden in our DNA. No population is ever truly eradicated, it is assimilated, which is why long term competition is untenable, and no war can ever truly be won.“ (Litreactor.com)
„The single most valuable thing any of us can do intellectually ist to understand how populations interact and affect one another. Populations have a tendency to persist. It`s futile to believe otherwise. The populations you seek to extremiate will most likely continue, whether it`s dandelions on your lawn or enemy armies vying for land you covet or religious fanatics whose ideology you despise. Since none of us hafd any control over the circumstances that brought us together, the only viable way forward is compromise.“ (p.13)
„If we want to understand the forces that shape our world, we have to understand how populations have clashed, compromised, and persisted throughout the history of life on Earth.“ (p.32)
„Given the circumstances that confront us, we as individualas can make very little impact directly on the future of our species. But we can choose to follow one or the other worldview, and try to educate others as to its benefits. On the one hand we have the worldview of the imperialists and Western religions of old, which states essentially: We don`t need to take care for the planet, it has always been and always will be in the hands of God. Resources were placed here for us to exploit to their fullest, and we are compelled to go forth and multiply. Since we can`t feed everyone equally, only the fittest winners in life`s ongoing competitive struggle will enjoy the surpluses. The less fit losers will suffer from scarcity. In the end all believers, regardless of their status in life, will be rewarded equally in the bountiful paradise of a limiteless afterlife. On the other hand we can adopt a modern worldview that melds the wisdom from earth science and biology with the ethic of sustainability that American Indians exhibited in their historic past. This will require us to recognize our dependence on the forest and freshwater wetlands that surround our cities, not for surplus or wealth accumulation, but rather for sustenance and health. Using this approach, we can tread much more lightly on other populations, and leave a less indelible footprint on the areas we inhabit. If we agree that preservation of our species is of utmost ethical concern, then it seems there is no better worldview to adopt than this one.“ (p.34)
„So how do we “all get along‘‘ as a species? It can`t be as hard as some would make it seem; the natural world is full of species that are able to do it despite their seemingly incompatible needs. The answer is for mankind to become an race of enlightened citizens among the community of other species with whom we coexist. The first step in our collective raising of consciousness ist to look how coexistence has been achieved in the natuaral world, and in the unconscious unfolding of human history. Throughout history we have been involved in grand compromises without even being aware of them.“ (p.57)
„I try to avoid the majority of movies, gossip magazines, and TV shows that dominate our culture because of their sheer, overwhelming banality… It depresses me that I know who these people are. We are lured into reading about or watching them, not because they have anything at all to teach us about living a healthy or logical life, but simply because they have become part of our culture.“ (p.58)
„In simple terms our society can be devided in the haves and the havenots. I`m fortunate to be a have, but I still find it easy to sympathize with the have-nots. I know that my future is tied up with theirs, and that making things better for our society as a whole is more important than simply making it better for my immediate family and me.“ (p.59)
„In the last fifty years we`ve been encouraged to think of bacteria as some sort of invisible enemy, one that must be controlled and preferably eradicted for the sake of our family`s health… Antibacterial gels are ubiquitous. We are waging a full scale war on an invisible army, though what eludes most germophobes is that by applying chemicals or antibiotics to populations of microbes we kill only a portion pf them. Some bacterial individuals have genetic resistance to the pounds w administer. Even if only one in ten thousand individuals survives the first chemical onslaught, it can reproduce quickly to build back the population numbers to replace those who succumbed. The new generation of microbes will be resistant to the chemicals previously used because each individual was born of the ancestor that survived the initial dose of chemical warfare. Hence a so-called superbug is born – one that is resistant to all forms of antibiotic or „disinfectant‘ compunds. (p.92/93)
„… suffering from poverty, disease, lack of education, and drug and alcohol addiction is on the increase for all groups of modern humans, and this is perhaps the most unfortunate result of population growth. If we care to only focus on one aspect of human life, the absolute number of suffering individuals, we encounter an inescapable truth, and one the recurring themes of this book: As populations grow, the amount of conflict and suffering is inevitable. Therfore it should be our primary goal, as an assimilated group of humans arriving here from disparate historical trajectories and ethnic heritages, to alleviate the ravages of population wars as best as we can in the interest of reducing suffering while increasing the longevity of our species. As a preliminary prerequisite to achieve these ends, the narrative of war, justified by the improper characterization of populations must be changed.“ (p.190)
„I don`t think the topic of free will hast to be so complicated. The unlikelihood of free will can be understood from the basic facts of evolutionary theory. If we are all related by descent, then our traits came from our ancestors. Of all the concievable common ancestors that link humans with great apes, and those ancestors to primitive mammals, and those ancestors to quadrupeds (four-legged animals löike reptiles), and those ancestors to something fishlike, where along the way did anything akin to free will evolve as a trait? Consciousness is not the answer. There are plenty of living species that show varying degree of consciousness, but no one includes them in the discussion of free will. If it`s just varying degrees of freedom of movement and choice, then we can definitely see a gradation of these traits in living animals. Terrestrial lizards, for instance, are restricted to warmer habitats (being ‚cold-blooded‘) than are mammals. Does this mean that mammals have more „freedom‘‘ to choose colder habitats? Mammals have fur as insulation which means they can be active over a wider range of temperatures than reptiles can. But this isn`t free will, it`s evolution of physiological adaptions that may have brought with it changes in brain anatomy. Mammals tend to have larger brains than other vertebrates (relative to their body size), which is a rough guide to their abilities in „decision making‘‘. (p218/219)
„Every single trait exhibited by humans is the product of genes, embryonic development, and the environment. If free will is something real, it too has to be an observarable trait that has developed over geological time, in our ancestors, and must be subject to evolitionary transformation…. It is for instance, possible, that consciousness was simply a by-product of traits that evolved for greater attention or focus.“ (p.220)
„From a purely naturalist/evolutionary perspective, human beings are just another species, a biological „accident‘‘ that slowly evolved from ape-like ancestors. From this perspective we can assume that eventually we are going to end up as most every one of our ancestors: extinct. Bear in mind that the fossil record shows that most large mammalian species, such as our own, live only roughly two million years before they die out. If you consider the two-million-year-fossil Homo habilis a ‚human‘ rather than an ‚ape‘ then humans are already very old. Perhaps we are precariously close to extinction simply by the law of averages.“ (p.222)
„We are the first species to attain true consciousness, to recognize and ponder our own existence, and to theorize about the future and our eventual fate. So maybe our goal should be to embrace the fact that we are the exception rather than the rule, and thus focus on our species` longivity… We need to think in terms of thousands of generations rather than one or two generations in human lifetimes.“ (p.223)
„If we decide that our species is uique among all species and that we deserve to be top priority, then our goal is to develop an ethic of preservation that benefits our species` longevity in geologic time. Once we reach such a decision we can talk about „right‘‘ versus „wrong‘‘. (p.224)
„In fact there is a burden of responsibility… that comes with our awareness; we`re the first species to recognize the importance of preserving our environment – both for the sake of other species and for our own.“ (p.226)
„I use the oppertunity and privilege of being listend to to try and persuade the audience to be concerned citizens.“ (p.229)
„Nearly all mass extinction events correlate with some kind of atmospheric or oceanic disturbance. Our own species is not immune to extinction; if we wish to persist we need to look at our predicament from a scientific perspective, just as we might consider the plight of an endangered animal. Or as a biologist would say, we need to figure out a way to preserve our longevity as an evolutionary taxon. The recognition that our atmosphere and oceans are being fouled by our own industry means that we are not only unscientific but supremely stupid if we don`t do everything in our power to clean them up.“ (p.241)
„We don`t have to look that far back in history to see life-threatening atmospheric pertubation; we are experiencing such an upheavel today. But it requires a shift in focus to recognize it. Just as in the stupidity of seemingly endless cycles of warfare in history, we, like all organisms of the biosphere blindly fall victim to our own exuberance of environmental overexploitation.“ (p.243)
„The fact that we continue to increase our population, however is both a blessing and a curse. It means that we`re doing something right in the midst of all this extinction of large mammals. But it also points out how crucial it is to heed the examples I`ve used throughout this book to remember that humans are subject to the same laws of population growth, equilibrium, and extinction as to other species, if we don`t actively manage our evolution.“ (p.251)
„Intelligence is dominantly affected by culture and its impact on development of the brain, that is neuronal selection. Unlike the genes, intelligence can, therefore, be changed dramatically during a person`s lifetime through education and new experiences… As the geneticists Richard Lewontin succinctly noted: „The genes for intelligence have never been found.““ (p.252)
Dealing with environmental hazards is the one thing we share with every other population that has ever existed in nearly four billion years of Earth history.“ (p.255)
hab bis „Genozid“ gelesen.
das kannst du besser, der abfuck ist krass genug dort (piss of netanjahu), da hilft es nicht die kampfbegriffe der melonensekte (die, die kneipen anzünden) zu verwenden. Apokalypse aber fair.